Sankt Columban

Sankt Columban, dem der heilige Gallus auf der Peregrinatio pro Christo gefolgt ist, war der bedeutendste irische Klostergründer auf dem europäischen Kontinent. Er gilt als einer der ›Gründerheiligen‹ Europas. Columban wurde um das Jahr 543 im irischen Leinster geboren und erhielt seine Ausbildung unter Abt Comgall im Kloster Bangor, das er um 590 mit zwölf Gefährten – darunter Sankt Gallus – verließ. Er gründete in den Vogesen die Klöster Annegray, Luxeuil und Fontaine, wurde aber um 610 wieder von diesen Gründungen vertrieben. Die von König Theuderich angeordnete Ausschaffung nach Irland führte allerdings nur bis in die Bretagne, von wo aus Columban und seine Gefährten an den Bodensee zogen. Um 612 reisten Columban und seine Gefährten weiter und gründeten südlich der Alpen das Kloster Bobbio. Nur Sankt Gallus blieb am Bodensee zurück und ließ sich als Einsiedler im Steinachtal nieder.

Statue des heiligen Columban im Dorf Saint-Coulomb in der französischen Bretagne. (2014)
Prozessionsfahne Sankt Columban in der Pfarrkirche von Saint-Coulomb. (2014)
Statue des heiligen Columban in Luxeuil. (2014)
Eine identische Statue wie in Luxeuil steht auch vor der Pfarrkirche St. Kolumban in Bregenz. (2015)
Statue des heiligen Columban am Ortseingang von Bobbio in der italienischen Provinz Piacenza. (2016)
In Bobbio im Tal der Trebbia gründete Sankt Columban um 612 sein letztes Kloster. (2016)
Am 23. November 615 starb der heilige Columban. Sein Sarkophag steht in Bobbio in der Krypta der Basilica di San Colombano. (2016)
Fensterbild in der Krypta der Basilica di San Colombano in Bobbio. (2016)

Das Leben und Wirken des heiligen Columban erschließt sich uns aus seinen eigenen Schriften (von Columban sind Mönchsregeln, Briefe und Gedichte überliefert) sowie aus der Vita Columbani, die schon kurz nach Columbans Tod von Jonas, einem Mönch des Klosters Bobbio, verfasst wurde. Die Biographen des heiligen Gallus kannten die Columbansvita und bauten ihre Erzählungen auf dieser auf. Somit stellt die Vita Columbani für uns eine wichtige Ergänzung zu den Gallusviten dar, weshalb sie hier – soweit die deutsche Übersetzung gemeinfrei zur Verfügung steht – wiedergegeben wird.

 

 

Das Leben des heiligen Columban

Vom Mönch Jonas

Text nach: Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige, die Lebensbeschreibungen des Abtes Columban, der Bischöfe Arnulf, Leodegar und Eligius, der Königin Balthilde; übersetzt von Dr. Otto Abel. Leipzig 1888 (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 2/XI). Die Übersetzung gibt die Columbansvita des Jonas von Bobbio nur unvollständig wieder. Die Zahlen in den Klammern entsprechen den Kapiteln in der Vita. Eine vollständige Übersetzung gibt Karl Suso Frank (Hg.), Mönchsleben III. Jonas von Bobbio, Leben des Kolumban; Wetti, Leben des Gallus, St. Ottilien 2011.

(2) Columban, der auch Columba heißt, ist auf der Insel Hibernia (Irland), die im äußersten Ozean nach Westen zu angenehm, wie man sagt, gelegen und unberührt ist von dem Krieg fremder, feindlicher Nationen. Dort wohnt das Volk der Skoten, das, obschon ohne die Gesetze der übrigen Völker, doch stark ist im Glauben christlicher Lehre und von allen Nachbarvölkern hochgehalten wird. Schon ehe Columban das Licht der Welt erblickte, ward seiner Mutter geoffenbart, dass sie einen Mann von besonderen Gaben unter dem Herzen trage: denn sie sah im Traum eine glänzende Sonne aus ihrem Schoss hervorgehen und die Welt erleuchten. Daher hütete sie ihn nach der Geburt so sorglich, dass sie ihn kaum den übrigen Verwandten anvertraute, bis er herangereift war und unter Christi Leitung, ohne den nichts Gutes getan wird, nach der Übung guter Werke strebte.

(3) Als nun die Kinderjahre um waren und er im Knabenalter stand, fing er an mit fähigem Sinn sich den edlen Wissenschaften und den Studien der Grammatiker hinzugeben und übte sie seine ganze Knaben- und Jünglingszeit hindurch bis zum Mannesalter mit fruchtbarem Fleiß. Aber da ihn seine schöne Gestalt, seine blühende Farbe und seine edle Männlichkeit bei allen beliebt machten, begann endlich der alte Feind seine tödlichen Geschosse auf ihn zu richten, damit er ihn, den er so sehr am Geist zunehmen sah, in seine Netze fangen könnte und regte die Begierden unzüchtiger Dirnen gegen ihn auf. Aber er wappnete sich zum Streit, in der linken den Schild, in der rechten das zweischneidige Schwert des Evangeliums haltend, damit er nicht den Lockungen der Welt verfalle und umsonst so viel Mühe auf Grammatik, Rhetorik, Geometrie und die göttlichen Schriften verwandt hätte. Und in diesem Vorsatz wurde er noch durch einen besonderen Umstand bestärkt: denn als er ihn schon mit sich herumtrug, kam er zu der Wohnung einer frommen und Gott geweihten Frau. Als diese die zunehmende Kraft in dem Jüngling sah, sprach sie: »Ich bin, soweit es mir möglich war, zum Streit ausgezogen. Siehe, fünfzehn Jahre sind vorüber, dass ich fern von der Heimat bin und diese Stätte in der Fremde erwählt habe, niemals habe ich rückwärts geschaut, und wenn nicht die Schwachheit meines Geschlechts im Wege gestanden hätte, so wäre ich übers Meer gegangen und hätte einen besseren Ort in der Fremde zu meinem Aufenthalt erwählt. Du aber, im Feuer der Jugend glühend, bleibst sitzen auf dem Boden der Heimat; den Stimmen des Fleisches leihst du, wenn auch gegen deinen Willen aus Schwachheit dein Ohr und meinst, ohne Schaden mit dem Weibergeschlecht umgehen zu können. Aber denkst du nicht an den Rat der Eva, an Adams Fall, wie Samson von der Dalila betrogen, David durch die Schönheit der Batseba zur Ungerechtigkeit verleitet, der weise Salomo von Weiberliebe berückt wurde? Fort, oh Jüngling, fort, entrinne dem Verderben, in das, wie du weißt, viele gefallen sind. Verlass den Weg, der zu den Pforten der Hölle führt.«
Aufgestachelt von diesen Worten dankt ihr der Jüngling für solche Vorwürfe, nimmt von seinen Genossen Abschied und macht sich auf den Weg. Seine Mutter, von Schmerz bewegt, bittet, er möge sie nicht verlassen; aber er sprach. »Hast du es nicht gehört: Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist meiner nicht wert.« Er bittet die Mutter, die sich ihm in den Weg stellt und die Schwelle verwehrt, sie möge ihn ziehen lassen. Weinend und auf den Boden hingestreckt ruft sie, niemals werde sie es dulden. Da schreitet er über Schwelle und Mutter hinweg, sagt dieser Lebewohl: ihn werde sie in diesem Leben nie wiedersehen, sondern wohin der Weg des Heils ihm die Straße bahne, werde er ziehen. Als er nun den heimatlichen Boden, den die Einwohner das Land der Lagener (Leinster in Irland) nennen, hinter sich hatte, machte er sich auf zu einem ehrwürdigen Manne Namens Senilis, der sich zu dieser Zeit durch seine besondere Frömmigkeit und Kenntnis der heiligen Schrift unter seinen Landsleuten auszeichnete. Und als der heilige Mann sah, dass er klugen Geistes sei, so unterwies er ihn in der Erkenntnis aller göttlichen Schriften. Columban aber sammelte solche Schätze göttlichen Wissens, dass er noch im Jünglingsalter den Psalter in seiner Rede auslegen und viele andere Aussprüche tun konnte, wert zu singen und nützlich zu lehren.

(4) Darauf bemühte er sich, in die Genossenschaft von Mönchen aufgenommen zu werden und zog nach dem Kloster Bangor (in der Landschaft Ulster auf Irland), dessen Vorsteher, der heilige Comgall durch die Fülle seiner Tugenden berühmt war, ein ausgezeichneter Vater seiner Mönche und hoch angesehen durch den Eifer seines Glaubens und der Zucht und Ordnung, die er wahrte. Und hier fing er an, sich ganz dem Beten und Fasten hinzugeben und das sanfte Joch Christi zu tragen, sich selbst zu verleugnen, sein Kreuz auf sich zu nehmen und Christo zu folgen. Als ihm nun viele Jahre im Kloster verflossen waren, sehnte er sich in die Fremde zu wandern, eingedenk des Befehls, den der Herr Abraham gab: Gehe aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will. Er bekannte also dem ehrwürdigen Vater Comgall das heiße Verlangen seines Herzens, erhielt aber keine Antwort, wie er sie wünschte. Denn es fiel dem Comgall schwer, den Verlust eines so trostreichen Mannes zu ertragen. Endlich jedoch ermannte er sich und ließ es mehr seine Sorge sein, den Vorteil anderer zu fördern, als seinem eigenen Bedürfnis nachzukommen; er rief ihn zu sich und sprach, er wolle im Frieden mit ihm bleiben, ihn mit Trost stärken und ihm Reisegefährten geben, die durch ihre Gottesfurcht bekannt seien. So machte sich denn Columban im zwanzigsten Jahr seines Lebens auf den Weg und schritt mit zwölf Begleitern unter Christi Führung zum Strand des Meeres hinab. Hier harrten sie, ob die Gnade des Allmächtigen ihr Vorhaben, wenn es mit seinem Willen geschehe, gelingen lasse und erkannten, dass der Wille des barmherzigen Richters mit ihnen sei. Sie bestiegen das Schiff und begannen die gefährliche Fahrt durch die Meerengen und gelangten über die glatte See unter dem Wehen günstiger Winde schnellen Laufs an die Küste der Bretagne in Frankreich. Hier verweilten sie einige Zeit, schöpften neue Kräfte und wogen mit ängstlichem Sinn ihre Pläne ab, bis sie sich endlich entschlossen, Galliens Gefilde zu betreten und die Gesinnungen der Menschen mit Eifer und Klugheit zu erforschen, um entweder, wenn sie hier den Samen des Heils ausstreuen könnten, länger zu bleiben, oder wenn sie die Herzen in Finsternis verstockt fänden, weiter zu den benachbarten Völkern zu gehen.

(5) Sie verließen also die Bretagne und zogen nach den gallischen Ländern, wo damals, sei es wegen der zahlreichen äußeren Feinde, sei es durch Nachlässigkeit der Bischöfe, das christliche Leben beinahe verschwunden und nur das Bekenntnis noch übrig war. Die Heilmittel der Busse aber und das Verlangen nach Ertötung des Fleisches waren dort nur noch bei sehr wenigen zu finden. Überall nun, wohin er zog, verkündete der ehrwürdige Mann das Wort des Evangeliums. Und es gefiel dem Volk, dass die Lehre seiner Predigt durch den Schmuck der Beredsamkeit geziert und zugleich durch Beispiele der Tugend bekräftigt ward. So groß war seine und seiner Gefährten Demut, dass, so wie die Kinder dieser Welt nach Ehre und Ansehen trachten, sie umgekehrt in der Übung der Demut einander zu übertreffen strebten eingedenk jenes Spruches: Wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden und des Wortes bei Jesajas: Ich sehe an den Elenden und der zerbrochenen Geistes ist und der sich fürchtet vor meinem Wort. Solche Frömmigkeit und solche Liebe wohnte in ihnen allen, dass es für sie nur ein Wollen und Nichtwollen gab; Bescheidenheit und Mäßigkeit, Sanftmut und Milde schmückte sie alle in gleichem Maß. Das Laster der Trägheit und der Zwietracht war verbannt, Stolz und Hochmut wurden durch harte Zucht abgebüßt, Zorn und Neid mit sorgsamem Fleiß ausgetrieben. So groß war die Kraft ihrer Geduld, ihrer Liebe und ihrer Milde, dass man nicht zweifeln konnte, der Gott der Sanftmut wohne mitten unter ihnen. Fanden sie, dass einer von ihnen einen Fehltritt begehe, so bestrebten sie sich allesamt mit gleichem Recht, den Unachtsamen durch Vorwürfe zu züchtigen. Gemeinsam hatten sie alles; wollte einer für sich eigenes in Anspruch nehmen, so wurde er von der Gemeinschaft der Übrigen ausgeschlossen und durch Busse gestraft. Keiner wagte es, dem Nächsten Böses mit Bösem zu vergelten, keiner ein hartes Wort fallen zu lassen, so dass man glauben musste, in menschlicher Gesellschaft werde ein Leben von Engeln geführt. Mit so dankbarer Gesinnung wurde der heilige Mann verehrt, dass, wo er in einem Haus einige Zeit verweilte, alle Herzen zu strenger Übung des Glaubens sich entschlossen.

(9) So gelangte denn auch das Gerücht von Columban an den Hof des Königs Sigibert, welcher zu dieser Zeit mit Ruhm über die beiden fränkischen Königreiche von Austrasien und Burgund herrschte. Der Franken Name aber stand vor den übrigen Völkerschaften Galliens in Ansehen. Als nun der heilige Mann mit den Seinigen vor dem König erschienen war, kam er bei diesem und den Hofleuten in hohe Gunst ob der Fülle der trefflichen Lehre. Endlich bat ihn der König, er möge im gallischen Gebiet verbleiben, nicht zu andern Völkern ziehen und ihn verlassen; alles was er begehre, wolle er tun. Da erwiderte er dem König, er wolle nicht von fremden Schätzen reich werden, sondern, soweit ihn nicht die Schwachheit des Fleisches daran hindere, dem Wort des Evangeliums nachkommen: Wer mir will nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Darauf antwortete der König und sprach: »Wenn du Christi Kreuz auf dich nehmen und ihm nachfolgen willst, so suche die Ruhe einer Einsiedelei; nur sorge, dass du zur Erhöhung deines Lohnes und zu unserem Heil auf dem Boden unseres Reiches bleibst und nicht zu den benachbarten Völkern ziehst.« Als ihm nun so die Wahl gelassen wurde, folgte er des Königs Rat und wählte sich eine Einsiedelei. Damals gab es eine weite Einöde mit Namen Vogesen, in der eine längst zerstörte Burg lag, von alters her Annegray genannt. Als der heilige Mann hierhin gekommen war, ließ er sich trotz der rauen Einsamkeit, der Wildnis und Felsen daselbst mit den Seinigen nieder, zufrieden mit geringem Unterhalt, eingedenk des Spruches, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebe, sondern vom Wort des Lebens gesättigt Speise die Fülle habe und in Ewigkeit nicht mehr hungern werde.

(10) Als nun die Zahl der Mönche sehr wuchs, suchte er in derselben Einöde nach einem besseren Ort für sein Kloster. Und er fand einen vormals stark befestigten Platz, der von dem ersten Ort etwa acht Meilen entfernt lag und in alten Zeiten Luxovium (Luxeuil) hieß. Hier waren warme Bäder mit besonderer Kunst eingerichtet; eine Menge steinerner Götzenbilder stand in dem nahen Wald, die in den alten Heidenzeiten durch abscheuliche Bräuche verehrt wurden. Wilde Tiere, Bären, Büffel und Wölfe gab es da in Scharen. Hier also begann der treffliche Mann ein Kloster zu gründen. Bei der Kunde davon strömte von allen Seiten Volk herzu, um sich ganz der Übung der Religion zu weihen, so dass die große Menge der Mönche kaum daselbst Raum hatte. Als dies Columban erkannte, suchte er einen andern Platz aus, der sich durch seinen Reichtum an Wasser auszeichnete und gründete ein zweites Klosters, dem er den Namen Fontaine gab, setzte auch Männer über dasselbe, an deren Gottesfurcht niemand zweifelte. Wie er nun die Scharen der Mönche an diesen Orten untergebracht hatte, hielt er sich abwechselnd in jedem auf und setzte erfüllt vom Heiligen Geist die Regel fest, nach welcher sie leben sollten.

(14) Es lebte aber zu der Zeit ein Herzog Namens Waldalenus, der über das Volk zwischen den Alpen und dem Jura herrschte und ohne Kinder war. Der machte sich auf aus der Stadt Besançon mit seinem Weib Flavia und kam zum heiligen Columban, und sie baten ihn vereint, dass er für sie den Herrn anrufe, denn sie hätten viele Schätze, aber keinen Sohn, dem sie dieselben nach ihrem Tode hinterlassen könnten. Da sprach der fromme Mann zu ihnen: »Wenn ihr gelobt, die Gabe Gottes seinem Namen zu weihen, und mir das Kind übergebt, dass ich es aus der Taufe hebe, so will ich die Barmherzigkeit des Herrn anrufen, dass ihr nicht bloß den habt, welchen ihr dem Herrn weiht, sondern noch mehr, soviel ihr wünscht, erhaltet.« Freudigen Mutes taten jene, wie er ihnen gesagt hatte, und wunderbar! Kaum waren sie nach Hause zurückgekehrt, so fühlte die Frau, dass sie Mutter sein werde. Und als sie einen Sohn geboren hatte, brachte sie ihn dem heiligen Mann dar und dankte Gott, der so das Gebet seiner Knechte erhört. Columban aber weihte das Kind dem Herrn, hob es selbst aus der Taufe und gab ihm den Namen Donatus. Später ward der Knabe im Kloster erzogen und zur Weisheit angeleitet und ward Erzbischof zu Besançon, als der er noch bis auf den heutigen Tag lebt. Aus Liebe zum heiligen Columban gründete derselbe auch ein Mannskloster mit dessen Ordensregel, das von seinem alten Bau her Palatium genannt wurde. Der Herr aber erfüllte das Versprechen seines Knechtes und schenkte dem Waldalenus noch einen zweiten Sohn Namens Ramelenus, ausgezeichnet durch Adel und Weisheit, der nach des Vaters Tod in dessen Würde eintrat, und obwohl im weltlichen Stand, doch getreu war in der Furcht Gottes. Denn auch er stiftete aus Liebe zu dem heiligen Mann nach dessen Ordensregel ein Kloster im Gebirge Jura an dem Flüsschen Visona und setze daselbst den Siagrius als Abt ein. Auch noch zwei Töchter gebar die Flavia; nach ihres Gemahls Tod aber gründete sie in der Stadt Besançon ein Frauenkloster, verschaffte ihm allen Schutz und vereinigte viele Nonnen daselbst.

(18) Schon war der Ruf Columbans durch alle Teile Galliens und Deutschlands gedrungen, und alles war voll seines Lobes, so dass auch der König Theuderich oft zu ihm kam und in aller Demut ihn bat, Fürbitte für ihn zu tun. Denn nachdem Sigibert auf Anstiften seines Bruders Hilperich, der sich damals in Tournay aufhielt und von Sigibert auf den Tod verfolgt wurde, in dem nicht fern von der Stadt Arras gelegenen Schloss Vitry bei Chalons ermordet worden war, kam nach dem Willen seiner Gemahlin Brunhilde die Herrschaft an seinen Sohn Childebert, und als dieser noch in den Jünglingsjahren starb, an dessen zwei Söhne Theudebert und Theuderich, die mit ihrer Großmutter Brunhild regierten. Das Ostreich kam an Theudebert, Burgund erhielt Theuderich, der sich glücklich schätzte, den heiligen Columban in seinem Reich zu haben. Wie er nun so häufig zu diesem kam, begann ihn der Mann Gottes auszuschelten, dass er sich mit Kebsweibern versündige und sich nicht lieber des Trosts einer rechtmäßigen Gemahlin erfreue. Der König versprach auch, sich alles Unerlaubten zu enthalten: da trat aber die alte Schlange zu seiner Großmutter Brunhild, die eine zweite Isebel war, und regte sie mit dem Stachel des Hochmuts gegen den frommen Mann auf, weil sie sah, dass Theuderich ihm gehorsam sei. Denn sie befürchtete, dass, wenn nach der Verstoßung der Kebsweiber eine Königin am Hof befehle, ihre Macht und Ehre Abbruch erleide.

(19) Es geschah nun, dass der heilige Columban eines Tages zu Brunhild kam, die sich damals in der Nähe von Autun aufhielt; und als sie ihn in den Hof kommen sah, führte sie die Söhne Theuderichs, die dieser im Ehebruch erzeugt hatte, zu ihm. Dieser fragte, als er sie erblickte, was sie von ihm wollten. Brunhilde sprach: »Es sind des Königs Söhne, stärke sie durch deinen Segen.« Er aber erwiderte: »Wisse, dass diese nimmermehr das Zepter führen werden, denn sie sind aus Unzucht entsprungen.« Wütend hieß jene die Knaben sich zu entfernen. Als darauf Columban aus dem königlichen Hof schritt, erhob sich ein lautes Krachen, dass das ganze Haus erbebte und alle vor Schrecken zitterten, der Wut des elenden Weibes aber konnte es nicht Einhalt tun. Von der Zeit begann sie ihre Feindseligkeiten gegen die benachbarten Klöster und ließ einen Befehl ergehen, dass man keinen der Mönche außerhalb des Klostergebiets frei ziehen lasse, ihnen keine Aufnahme gewähre, noch sonst mit Hilfeleistungen ihnen beispringe. Wie Columban sah, dass man bei Hofe gegen ihn aufgebracht sei, eilte er nach Spissia, wo damals der König sich aufhielt, um durch seine Ermahnungen solchen Trotz zu brechen. Als er gegen Sonnenuntergang daselbst ankam und dem König gemeldet wurde, er sei da, wolle aber nicht den Palast betreten, da sprach Theuderich, besser sei es, dem Mann Gottes in Ehrfurcht die nötigen Dienste zu leisten, als den Zorn des Herrn zu wecken durch eine Beleidigung seines Knechtes. Als nun die Diener kamen und dem Columban nach des Königs Befehl Speise und Trank mit königlicher Pracht darreichten, fragte er, was sie ihm damit wollten, und wie sie ihm sagten, es komme vom König, wies er es von sich und sprach: »Es steht geschrieben: die Gaben der Gottlosen verwirft der Höchste, denn es ziemt sich nicht, dass der Mund der Knechte Gottes von der Speise dessen verunreinigt werde, der dieselben nicht allein von seiner, sondern auch von fremder Wohnung ausschließt. Bei diesen Worten brachen alle Gefäße in Stücke, so dass der Wein und Met auf den Boden floss. Erschrocken melden das die Diener dem König, der voll Angst in aller Frühe mit seiner Großmutter zu Columban eilt; beide bitten sie, ihnen das Geschehene zu vergeben und versprechen, sich zu bessern. Dadurch beruhigt, kehrte er in sein Kloster zurück, aber bald erneuten sich die Bedrückungen noch in verstärktem Masse von Seiten des Königs, der in seiner alten Unzucht fortlebte. Da richtete Columban einen Brief an ihn, voll von Vorwürfen und drohte ihm mit dem Bann, wenn er sich nicht zur Besserung anschickte.

(20) Brunhilde stachelte jetzt von neuem auf alle Weise den König gegen Columban auf, trieb auch alle Vornehmen und die Personen am Hof dazu an und bewog die Bischöfe, Columbans Glauben herabzusetzen und die Ordensregel, die er gegeben hatte, anzugreifen. Es kam dahin, dass der heilige Mann sich seines Glaubens halber verantworten oder abziehen sollte: der König, durch jene genötigt, kam nach Luxeuil und warf ihm vor, dass er von den Bräuchen des Landes abweiche und nicht allen Christen den Eintritt in die inneren Klosterräume gestatte. Auf diese Vorwürfe erwiderte Columban – denn er war unerschrocken und starken Mutes – es sei seine Gewohnheit nicht, weltliche Menschen in die Wohnung der Knechte Gottes einzulassen, jedoch habe er passende Orte bereit, wo alle aufgenommen werden, die nur kommen. Darauf sprach der König: »Wenn du noch länger die Gaben unserer Gunst und Gnade genießen willst, so wird künftighin jedermann überall Zutritt haben.« Columban antwortete: »Wenn du in etwas die Ordensregel zu verletzen wagst, so will ich nicht weiter deine Unterstützung genießen. Kamst du aber hierher, um die Klöster der Knechte Gottes zu zerstören und ihre Zucht und Ordnung aufzulösen, so wisse, dass dein Reich mit dem ganzen königlichen Geschlecht untergehen wird.« Schon hatte der König in seiner Vermessenheit das Refektorium betreten – erschreckt durch diese Worte wich er eiligst zurück. Als aber Columban mit harten Scheltworten auf ihn eindrang, sprach Theuderich: »Du hoffst, ich werde dir die Krone des Märtyrertums aufsetzen, glaube nicht, dass ich so töricht bin, ein solches Verbrechen zu begehen.« Aber er werde besseren und nützlicheren Rat schaffen und ihn, der von der allgemeinen Sitte abfalle, heimschicken, woher er gekommen sei. Zugleich ließen sich die Hofleute einstimmig hören, sie wollten den nicht dulden, der nicht mit jedermann Umgang haben wolle. Da sprach der heilige Columban, nur wenn man ihn mit Gewalt herausreiße, werde er die Räume seines Klosters verlassen. Jetzt zog der König von dannen, ließ aber einen vornehmen Herrn namens Baudulf zurück, der dann den frommen Mann aus dem Kloster trieb und ihn nach Besançon in die Verbannung abführte, bis der König weiteres über ihn beschlossen hätte. Hier predigte Columban den Verbrechern im Gefängnis das Wort Gottes und befreite sie auf die wunderbarste Weise, nachdem sie ihm gelobt hatten, sich zu bessern und Busse zu tun über ihre Sünden.

(21) Seit der Zeit wagte niemand ihn anzutasten, denn sie sahen alle, dass die Kraft Gottes stark in ihm sei. Als er nun sah, dass er gar nicht bewacht werde, stieg er an einem Sonntag auf den Berg bei Besançon und wartete bis Mittag, ob ihm jemand die Rückkehr in sein Kloster verwehre; dann nahm er mitten durch die Stadt den Weg dahin. Bei dieser Nachricht steigerte sich Brunhildes und Theuderichs Erbitterung noch mehr und sie schickten den Grafen Berthar und den schon erwähnten Baudulf nach dem Kloster. Diese fanden den frommen Mann in der Kirche mit der ganzen Schar der Brüder betend und Psalmen singend und sprachen zu ihm: »Mann Gottes, wir bitten dich, des Königs und unsern Befehlen zu gehorchen und wieder dahin zurückzukehren, woher du in dieses Land gekommen bist.« Er aber antwortete: »Ich glaube meinem Schöpfer nicht wohlzugefallen, wenn ich wieder in meine Heimat gehe, die ich aus Liebe zu Christo verlassen.« Wie sie sahen, dass Columban ihnen nicht gehorche, zogen sie ab, ließen jedoch einige Männer von rauem Sinn und rauer Art zurück. Columban beharrte dabei, er werde nur der Gewalt weichen. Als ihn aber jene mit Bitten beschworen, das Kloster zu verlassen, da ihnen sonst der Tod drohe, so beschloss er, um nicht andere zu gefährden, nachzugeben, und zog unter allgemeinem Klagen und Jammern von dannen. Begleiter wurden ihm beigegeben, die ihm bis an die Grenzen des Reichs nicht von der Seite wichen und ihn bis Nantes bringen sollten; Ragamundus hieß der Vornehmste unter ihnen. Beim Abschied blickte er gen Himmel und sprach: »Schöpfer der Welt, bereite du uns eine Stätte, wo dir dein Volk dienen kann.« Dann tröstete er die ganze Schar, Gott werde schnell ihren Kummer rächen; wer ihm folgen wolle, solle kommen, die Übrigen in Geduld zurückbleiben. Jedoch die Leute des Königs erklärten, nur die dürften ihm folgen, welche seine Landsleute oder mit ihm aus der Bretagne gekommen seien. Da wuchs ihr Schmerz, er aber flehte zu dem Herrn, dem Tröster aller Menschen, dass er die in seinen Schutz nehmen möge, welche des Königs Gewalttätigkeit von ihm reiße. Darunter war auch Eustasius, der Schüler und Diener Columbans, der später in eben diesem Kloster Abt wurde, und über den sein Oheim Mietius, der Bischof von Langres, die Obhut hatte.
So zog denn der heilige Mann im zwanzigsten Jahr, nachdem er in diese Gegend gekommen war, von dannen und gelangte über Besançon und Autun nach der Burg Avallon. Unterwegs wollte ihn der Stallmeister Theuderichs mit der Lanze durchbohren. Aber die Hand Gottes verhinderte das und lähmte seine Rechte, so dass die Lanze zu seinen Füssen in den Boden fuhr und er selbst von unheimlicher Macht ergriffen vor Columban niederstürzte. Dieser aber pflegte ihn bis zum folgenden Morgen und entließ ihn dann geheilt nach Hause. Von Avallon gelangte er an den Fluss und Flecken Cure, wo er bei der edlen und frommen Frau Theudemanda einkehrte und zwölf Besessene, die ihm begegneten, heilte. In Auxerre, wohin er nun kam, sprach er zu seinem Begleiter Ragamundus: »Wisse, dass ihr den Chlothar, den ihr jetzt gering achtet, innerhalb drei Jahren zum Herrn haben werdet. Du wirst es sehen, was ich gesagt habe, und dann nahe am Throne stehen.«

(22) Noch manche andere Wunder verrichtete er auf seiner Reise. Bei der Stadt Nevers wurde über die Loire gesetzt. Von da ging es nach der Stadt Orléans, wo sie traurig am Ufer der Loire unter Zelten ausruhten, denn der Zutritt zu den Kirchen war ihnen nach des Königs Befehl verwehrt. Da ihnen ihr Vorrat ausgegangen war, wurde Potentinus, der später in Armorika bei der Stadt Coutances ein Kloster gegründet hat und noch lebt, mit noch einem Andern in die Stadt geschickt, um Lebensmittel zu holen. Aber die Furcht vor dem König hatte aller Herzen verhärtet: nur ein Weib, das einst mit ihrem Mann aus Syrien hierhergekommen war schloss ihnen mildtätig ihr Haus auf. Dieser Mann aber war seit langen Jahren blind; da brachte ihn Potentinus vor Columban. Der betete, legte die Hände auf seine Augenlider und machte ihn wieder sehend. Dann trieb er auch einer Schar Besessener die Teufel aus. Wie das Volk der Stadt solches sah, wurde es von Ehrfurcht vor dem frommen Mann erfüllt, wagte sie aber vor seinen Begleitern nicht laut werden zu lassen, um nicht des Königs Zorn auf sich zu laden.

(23) Von Orléans fuhren sie zu Schiff nach Tours hinab; hier bat Columban, man möge anlegen und ihm erlauben, das Grab des heiligen Bekenners Martin zu besuchen. Seine Begleiter litten das nicht, aber die Ruderer konnten das Schiff nicht vorwärts bringen, und als sie es sich selbst überließen, trieb es pfeilgeschwind dem Hafen zu. So stiegen sie denn ans Land und Columban brachte die ganze Nach am Grabe des heiligen Martin zu. Am Morgen lud ihn der Bischof Leupar zu sich; auf dessen Frage, warum er wieder in seine Heimat zurückkehre, antwortete er: »Theuderich, der Hund, hat mich von meinen Brüdern gejagt.« Da sprach einer der Gäste namens Chrodowald, der Theudeberts Tante zur Frau hatte, aber dem König Theuderich anhing: »Angenehmer ist’s, Milch zu trinken als Wermut«, und erklärte dann, dem König Theuderich die Treue, die er ihm gelobt, so lange zu bewahren, als es in seiner Macht stehe. Hierauf sagte Columban: »Dann wird es dich auch freuen, deinem Herrn und Freund meine Botschaft zu überbringen. Melde also dem Theuderich, dass er mit seinen Kindern innerhalb drei Jahren umkommen, und sein ganzes Geschlecht vom Herrn werde ausgerottet werden. Ich darf nicht verschweigen, was mir Gott zu verkünden geboten hat.«

(24) Von Tours fuhr er auf der Loire nach Nantes hinab, wo er einige Zeit verweilte, bis der Bischof Suffronius und der Graf Theudoald nach des Königs Befehl für seine Überfahrt nach Irland gesorgt hatten. Es fand sich auch ein schottisches Handelsschiff, aber als es an die Mündung der Loire kam, konnte es nicht die hohe See gewinnen, sondern wurde von dem Andrang der Wogen auf den Strand zurückgetrieben und saß nun drei Tage auf dem Trockenen fest. Da merkte der Schiffsherr, dass das um Columbans willen geschehe, setzte alles, was ihn anging, wieder ans Land und alsbald kam nun eine Flut und führte das Schiff in die See hinaus. Columban wandte daher um und niemand hielt ihn auf, denn staunend hatten alle erkannt, es sei nicht der Wille Gottes, dass er nach seiner Heimat zurückkehre. Nicht lange darauf zog Columban zu Chlothar, Hilperichs Sohn, der in Neustrasien über die Franken, die an der Küste des Ozeans ansässig waren, herrschte. Schon aus der Ferne hatte Chlothar gehört, welche Misshandlungen der Mann Gottes von Brunhild und Theuderich erlitten; jetzt nahm er ihn wie eine wahre Himmelsgabe auf und bat ihn, in seinem Reich zu bleiben. Das schlug Columban aus, verweilte jedoch einige Zeit bei dem König und verwies ihm verschiedene Missbräuche, die ja an einem Königshof wohl nicht fehlen können. Chlothar versprach auch, alles nach seinen Befehlen zu verbessern, denn er liebte mit Eifer die Weisheit. Unterdessen erhob sich zwischen Theudebert und Theuderich Streit über die Grenzen ihrer Länder, und beide sandten an Chlothar und baten ihn um Hilfe. Dieser war auch geneigt, einen gegen den andern zu unterstützen und fragte darüber Columban um Rat. Der aber sprach, erfüllt von prophetischem Geist, er solle sich mit keinem einlassen, binnen drei Jahren werden die Reiche beider ihm zufallen. Und der König folgte seinem Rat.

(25) Darnach lag Columban dem Chlothar an, dass er ihm dazu verhelfe, durch Theudeberts Gebiet und über die Alpen nach Italien zu gelangen; und der König gab ihm sicheres Geleit zu Theudebert.

(26) Über Paris kam er so nach Meaux, wo er vom Chagnerich, einem vornehmen und weisen Mann, dem Freund und Ratgeber Theudeberts, mit Freuden aufgenommen wurde. Dieser versprach, ihn selbst an des Königs Hof zu geleiten und hielt ihn einige Zeit in seinem Haus zurück, um sich seiner Lehre zu erfreuen. In Eussy an der Marne kehrte er bei Authar ein; auch dessen Söhnen gab er seinen Segen, als sie von ihrer Mutter Aiga gläubigen Sinnes ihm dargebracht wurden. Beide standen später bei Chlothar und Dagobert in hohen Ehren und gründeten zuletzt nach Columbans Ordensregel zwei Klöster, und zwar der ältere Ado im Joragebirge, der jüngere Dado in den Bergen von Brig an dem Flüsschen Rébais.

(27) Von da gelangte Columban zu Theudebert, der ihn mit Ehren empfing. Schon vorher waren aus Luxeuil viele Brüder zu ihm gekommen: jetzt versprach der König schöne und für die Knechte Gottes passende Orte ausfindig zu machen, wo sie den benachbarten Völkerschaften predigen könnten. Columban erklärte, wenn es ihm ernst damit sei und er ihn tätig unterstützen wolle, so werde er gern auf längere Zeit sich niederlassen und es versuchen, in die Herzen des umliegenden Volkes den Samen des Glaubens auszustreuen. Theudebert stellte nun ihm anheim, sich einen passenden Ort zu wählen, und er entschied sich unter aller Beifall für eine vor Zeiten zerstörte Stadt, die im deutschen Lande jedoch nicht fern vom Rhein liegt und Bregenz heißt. Als sie den Rhein hinauf fuhren, kamen sie nach Mainz, wo sie der Bischof unerwartet mit allem Nötigen versorgte. Endlich gelangten sie an den bestimmten Ort, der zwar dem Columban nicht gefiel, doch beschloss er zu bleiben, um dem benachbarten Volk den Glauben zu verkündigen. Es ist aber schwäbisches Volk, das dort wohnt. Einmal fand er, als er die Gegend durchzog, wie die Einwohner ein heidnisches Opfer begehen wollten: sie hatten ein großes Gefäß, das bei ihnen Kufe heißt, und das ungefähr zwanzig Eimer hielt, mit Bier angefüllt und in ihre Mitte gesetzt. Auf Columbans Frage, was sie damit wollten, sprachen sie, sie bringen ihrem Gott Wodan (den andere Merkurius nennen) ein Opfer. Wie er von diesem scheußlichen Werk hörte, blies er das Fass an, und siehe da, es löste sich mit Gekrach und sprang in Stücke, so dass alles Bier augenblicklich herausströmte. Da zeigte es sich klar, dass der Teufel in der Kufe verborgen gewesen war, der durch das irdische Getränk die Seelen der Opfernden fangen wollte. Wie das die Heiden sahen, staunten sie und sprachen, Columban habe einen starken Atem, dass er ein fest gebundenes Fass zersprengen könne. Er aber schalt sie mit den Worten des Evangeliums und befahl ihnen, abzulassen von solchen Opfern und nach Hause zu gehen. Viele wurden damals durch die Predigt des heiligen Mannes bekehrt und ließen sich von ihm taufen; andere, die schon getauft waren, aber noch fortlebten im heidnischen Unglauben, führte er durch seine guten Worte wie ein guter Hirt zum Glauben und in den Schoss der Kirche zurück.
In jener Zeit ließen Theuderich und Brunhild nicht allein gegen Columban, sondern auch gegen den heiligen Desiderius, den Bischof von Vienne, ihre Wut aus: nachdem sie ihn in die Verbannung gejagt und ihm viele Misshandlungen angetan hatten, krönten sie ihn zuletzt durch einen ruhmvollen Märtyrertod.
Unterdessen verlebte Columban mit seinen Gefährten bei der Stadt Bregenz eine Zeit schwerer Not; aber sie wankten nicht im Glauben, und der Herr verließ sie nicht, sondern gab ihnen Speise zur rechten Zeit. Einmal kam es ihm auch in den Sinn, nach dem Land der Wenden, die man auch Slaven nennt, zu ziehen und dort die Finsternis des Unglaubens mit dem Licht des Evangeliums zu erhellen. Aber ein Engel des Herrn erschien ihm im Traum und tat ihm kund, dass jenes Volk noch nicht reif sei zur Bekehrung. Darum blieb er an seinem Ort, bis sich ihm der Weg nach Italien auftat.

(28) Wie sich nun der Streit zwischen den beiden Brüdern Theuderich und Theudebert zu tödlicher Erbitterung steigerte, da trat Columban vor den König Theudebert und forderte ihn auf, sich seiner Herrlichkeit zu entäußern und ins Kloster zu gehen, auf dass er nicht mit seiner irdischen Krone auch noch das ewige Leben verliere. Der König und die um ihn waren lachten, sie hätten noch von keinem Merowinger auf dem Throne gehört, der von freien Stücken Mönch geworden sei. Columban aber sprach, wenn er denn nicht freiwillig die Ehre des geistlichen Standes auf sich nehmen wolle, so werde er es in kurzem gegen seinen Willen tun müssen. Nach diesen Worten kehrte der fromme Mann nach seiner Zelle zurück; sein prophetisches Wort aber wurde gar bald durch die Tat bestätigt. Theuderich zog gegen Theudebert heran, schlug ihn bei Zülpich aufs Haupt und verfolgte ihn mit starker Macht. Theudebert sammelte neue Streitkräfte und zum zweiten Mal kam es nun bei Zülpich zur Schlacht: auf beiden Seiten fiel eine große Menge; endlich aber ward Theudebert besiegt und floh. Durch Verrat von den Seinigen fiel er in die Hände Theuderichs und wurde nun von diesem zur Großmutter Brunhilde geführt, die ihn, weil sie auf Theuderichs Seite war, in ein Kloster sperren, aber schon wenige Tage darauf ruchloser Weise ermorden ließ.

(29) Nicht lange nachher kam Theuderich von der Hand Gottes getroffen in der Stadt Metz bei einer Feuersbrunst ums Leben, worauf Brunhilde seinem Sohn Sigibert die Krone aufs Haupt setzte. Da gedachte aber Chlothar der Weissagung Columbans und versammelte ein Heer, um das Gebiet wieder zu erobern, das ihm gebührte. Gegen ihn zog Sigibert mit seinen Haufen zur Schlacht, ward aber samt seinen fünf Brüdern und der Urgroßmutter Brunhild von Chlothar gefangengenommen. Die Knaben ließ dieser einzeln töten, die Brunhild aber zuerst zum Schimpf auf ein Kamel setzen und so ringsherum ihren Feinden zeigen, dann ward sie wilden Pferden an den Schwanz gebunden und kam so jammervoll ums Leben. Wie nun Theuderichs ganzes Geschlecht ausgerottet war, herrschte Chlothar allein über die drei Königreiche Neustrasien, Austrasien und Burgund und Columbans Weissagung hatte sich in allem erfüllt.

(30) Als Theudebert von Theuderich besiegt worden war, verließ Columban Gallien und Deutschland und zog nach Italien, wo er vom Langobardenkönig Agilulf mit Ehren aufgenommen wurde. Dieser stellte ihm frei, wo er wünsche sich in Italien niederzulassen. Während seines Aufenthaltes in Mailand beschloss Columban, die Irrlehren der arianischen Ketzer zu bekämpfen und auszurotten und fasste eine treffliche und gelehrte Schrift gegen sie ab. Zu der Zeit erschien ein Mann namens Jocundus vor dem König und meldete ihm, er wisse in einer einsamen Gegend der Apenninen eine Kirche des heiligen Apostels Petrus. Der Ort habe viele Vorzüge, er sei ungemein fruchtbar und habe fischreiches Wasser, seit alten Zeiten heiße er Bobbio, von dem vorbeifließenden Bach; ein anderer Fluss in der Gegend heiße Trebia, an dem einst Hannibal einen Winter zugebracht. Dahin zog nun Columban und stellte mit allem Fleiß die schon halbverfallene Kirche in ihrer alten Schönheit wieder her, richtete auch ein was sonst für ein Kloster nötig ist.
Währenddessen berief der König Chlothar, als er sah, dass die Worte Columbans an ihm in Erfüllung gegangen seien, den Eustasius, den nunmehrigen Abt von Luxeuil zu sich und ersuchte ihn, sein Gesandter zu werden und in Begleitung edler Männer, die er selbst wählen möge, zu dem heiligen Columban zu reisen und, wo er ihn auffände, ihn zu bitten, zu ihm zu kommen. Da machte sich also Eustasius auf, seinen Meister zu suchen. Columban aber erklärte, als ihm jener Chlothars Bitte kundtat, nicht mehr die Reise unternehmen zu können; den Eustasius behielt er einige Zeit bei sich, ermahnte ihn, seiner Mühen und Arbeit nicht zu vergessen, die Schar der Brüder in guter Lehre und Zucht zu halten, sie zu mehren und nach seinen Vorschriften zu erziehen.
An den König richtete er ein Schreiben voll guter Ermahnungen und bat ihn, den Brüdern in Luxeuil seinen königlichen Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen. Und Chlothar tat so und wandte dem Kloster auf jede Weise seine Gunst zu, gab ihm jährliche Einkünfte, vergrößerte sein Gebiet nach allen Seiten hin und sprang seinen Bewohnern, wo er konnte hilfreich bei. Columban aber, der Mann Gottes, endete schon nach einem Jahr in jenem Kloster Bobbio sein gottseliges Leben. Er starb am 24. November.


Literatur

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Stand: August 2018