Roggenzell

Im Jahr 1480 bewilligte der St.Galler Abt Ulrich Rösch die Errichtung einer selbständigen Pfarrei Roggenzell. Die Pfarrkirche ist dem heiligen Gallus geweiht. (2015)
Der Turm ist der älteste erhaltene Bauteil der Roggenzeller Sankt-Galluskirche. Er wurde in der Spätgotik erhöht, vielleicht weil der Glockenklang des 1480 zur Pfarrkirche erhobenen Gotteshauses weit herum hörbar sein musste. 1818 wurde das ursprüngliche Satteldach durch eine Zwiebelhaube ersetzt. (2014)
Die Sankt-Galluskirche von Roggenzell wurde 1839–1841 von Grund auf neu errichtet. Ihre heutige – relativ schlichte – Inneneinrichtung geht auf Renovierungen der 1960er- und 2000er-Jahre zurück. (2015)
Die Gemälde der Heiligen Wendelin, Barbara, Gallus und Magnus (von links) an der linken Chorwand stammen noch vom 1869 aufgerichteten und rund hundert Jahre später wieder abgebauten Hochaltar der Roggenzeller Kirche. (2015)
Das Bild des heiligen Gallus, der mit Bär, Kreuz und Reliquientasche dargestellt ist, schuf 1853 der Dietenheimer Kirchenmaler Jakob Speth (1820–1854). (2014)
Bauherr der 1839–41 neu errichteten Sankt-Galluskirche von Roggenzell war die königlich württembergische Finanzverwaltung. Bis zur Aufhebung der Fürstabtei St.Gallen hatte Roggenzell eine enge Beziehung zum Kloster. (2014)
Roggenzell gehörte zur Herrschaft Neuravensburg, einem wichtigen Außenposten des Klosters St.Gallen im Reich. Bald nach dem Untergang des Klosters wurde das einstmals stattliche Schloss auf Abbruch verkauft. (2014)

Das kleine Straßendorf Roggenzell liegt auf halber Wegstrecke zwischen Lindau am Bodensee und Wangen im Allgäu. Der Ortsname, der im 12. Jahrhundert als Ruococello erstmals schriftlich in Erscheinung tritt, wird von einem Einsiedlermönch namens ›Ruoco‹ hergeleitet. Dieser, so mutmaßt die lokale Tradition, sei vielleicht vom Kloster St.Gallen als Missionar entsandt worden, um im Allgäu das Christentum zu verkünden. Das Galluspatrozinium der Roggenzeller Kirche sei vielleicht auf ihn zurückzuführen.

Überprüfen lässt sich das nicht. Die Kirche von Roggenzell wird erst 1431 erstmals schriftlich erwähnt, wobei nicht deutlich wird, ob sie damals schon Sankt Gallus zum Patron hatte. Roggenzell war zunächst eine Filiale von Sigmarszell. Doch am 4. Dezember 1480 bewilligte der St.Galler Abt Ulrich Rösch die Separierung Roggenzells von der Mutterkirche. Möglicherweise hat Abt Ulrich der neu errichteten Pfarrei Roggenzell Sankt Gallus-Reliquien geschenkt. Solche standen ihm jedenfalls in größerer Zahl zur Verfügung, nachdem er am 6. März 1486 die Gebeine des Heiligen im St.Galler Münster feierlich hatte erheben lassen. Zahlreiche Kirchen erhielten damals von Ulrich Rösch Gallusreliquien, beispielsweise die Kirche der ebenfalls neu errichteten Pfarrei Grub, die Kirche von Morschach, aber auch jene von Röschs Heimatstadt Wangen im Allgäu.

Wahrscheinlich hat das Roggenzeller Gotteshaus im Rahmen seiner Erhebung zur Pfarrkirche bauliche Anpassungen erfahren. Dazu gehörte wohl auch die Erhöhung des Kirchturms, der heute den ältesten Bauteil der Roggenzeller Kirche darstellt. Am übrigen Kirchenbau lassen sich keine historischen Bauetappen mehr nachvollziehen, denn die alte Roggenzeller Kirche wurde 1839–1841 durch einen Neubau ersetzt. Seither wurde vor allem der Innenraum der Kirche immer wieder den Bedürfnissen und dem Geschmack der Zeit angepasst.


Panorama
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Literatur

Catalogus personarum ecclesiasticarum et locorum dioecesis Constantiensis, Konstanz 1755.

Catalogus personarum ecclesiasticarum et locorum dioecesis Constantiensis, Konstanz 1769.

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Hoffmann, Gustav, Kirchenheilige in Württemberg, Stuttgart 1932 (Darstellungen aus der Württembergischen Geschichte 23).

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Hundsnurscher, Franz, Die Investiturprotokolle der Diözese Konstanz aus dem 16. Jahrhundert, Stuttgart 2008-2010.

Jensch, Rainer, Stadtchronik Wangen im Allgäu, Lindenberg i. A. 2015.

Lenz, Philipp, Reichsabtei und Klosterreform. Das Kloster St.Gallen unter dem Pfleger und Abt Ulrich Rösch 1457-1491, St.Gallen 2014 (Monasterium Sancti Galli 6).

Oberholzer, Paul, Vom Eigenkirchenwesen zum Patronatsrecht. Leutkirchen des Klosters St.Gallen im Früh- und Hochmittelalter, St.Gallen 2002 (St.Galler Kultur und Geschichte 33).

Pörnbacher, Karl (Hg.), Der See – Die Insel – Die Berge. Der Landkreis Lindau, Lindenberg i. A. 2010.

Roth, Wolfgang, Roggenzell. Die Pfarrkirche im Wandel der Zeit, in: Burg- und Heimatverein Neuravensburg (Hg.), Neuravensburger Zeitreise. Über die Geschichte des Ortes und seiner Bauten, o. O. 2009, S. 46–53.

Sambeth, J. G., Das Landkapitel Ailingen-Theuringen der ehemaligen Konstanzer und das Landkapitel Tettnang der jetzigen Rottenburger Diözese, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 15 (1886), S. 43–102.

Staerkle, Paul, Von den Sankt Gallus-Patrozinien, in: Bischöfliches Ordinariat und Katholischer Administrationsrat St.Gallen (Hg.), Sankt Gallus Gedenkbuch. Zur Erinnerung an die Dreizehnhundert-Jahr-Feier vom Tode des heiligen Gallus am 16. Oktober 1951, St.Gallen 1952, S. 48–74.

Württembergisches Landesamt für Denkmalpflege, Die Kunstdenkmäler in Württemberg. Die Kunstdenkmäler des ehemaligen Kreises Wangen, Bearbeitet von Adolf Schahl, Werner von Matthey, Peter Strieder und Georg Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Stuttgart 1954.

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Stand: Dezember 2017

Gottesdienste
Sankt Gallus Roggenzell gehört zur Seelsorgeeinheit »An der Argen«. Die aktuellen Gottesdiensttermine sind auf der Website der Seelsorgeeinheit »An der Argen« publiziert.