Eingebettet in die Breisgauer Bucht liegt zwischen Freiburg und Emmendingen das Dorf Reute. Gemeinde und Pfarrei bestehen aus den beiden Ortsteilen Ober- und Unterreute. Im Jahr 1244 wird erstmals ein Pfarrer schriftlich erwähnt; die Pfarrkirche befand sich damals in Unterreute. Am 9. November 1468 schenkte Herzog Sigismund von Österreich das Patronatsrecht der Reutemer Kirche an die Universität Freiburg, welche sich die Pfarrei bald darauf vom Konstanzer Bischof inkorporieren ließ. Die Einkünfte aus Reute dienten nun dem Unterhalt der Universität Freiburg, die im Gegenzug den Seelsorger, den Chorraum der Pfarrkirche sowie das Pfarrhaus von Reute zu unterhalten hatte.
Neben der Pfarrkirche in Unterreute existierte auch in Oberreute ein Gotteshaus, das jedoch zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen wurde. Patron dieser Kapelle, über die sonst nur wenig bekannt ist, war der heilige Gallus. Die lokale Geschichtsforschung geht davon aus, dass die Kapelle im Jahr 1576 von der Familie Held erbaut wurde, in deren Besitz sich die Herrschaft über Ober- und Unterreute damals befand. Das Baujahr 1576 leitet sich aus einer Inschrift auf dem Torbogen der Kapelle ab. Ein halbes Jahrhundert später wurde in diesen Torbogen ein Wappenstein der Familie Harsch eingefügt und die Jahreszahl in 1626 abgeändert. Die Harsch hatten die Herrschaft über Reute von der Familie Held übernommen. Ob sie 1626 – mitten im Dreißigjährigen Krieg – noch weitere bauliche Veränderungen an der Galluskapelle vorgenommen haben, ist nicht bekannt.
Ende des 19. Jahrhunderts war die alte Pfarrkirche für die stark gewachsene Gemeinde Reute längst viel zu klein geworden. Außerdem stand sie am äußersten Rand des Pfarrsprengels, was für die Bevölkerung von Oberreute einen ziemlich weiten Kirchweg bedeutete. So wurde 1898 beschlossen, an zentralerer Lage – auf dem Gebiet von Oberreute – eine neue Pfarrkirche zu errichten. 1901 erfolgte die Grundsteinlegung, und am 3. Juni 1902 konsekrierte der Freiburger Weihbischof Justus Knecht (1839–1921) die neue Pfarrkirche von Reute. Als Patrone erhielt sie Sankt Felix und Regula, die bereits in der alten Pfarrkirche in Unterreute verehrt worden waren.
Der Bau der neuen Pfarrkirche in Oberreute löste im alten Kirchort Unterreute heftige Reaktionen aus. Wenn es auch nicht gelang, den Neubau zu verhindern, so erreichte die Bevölkerung immerhin den Erhalt ihres geliebten Gotteshauses als Kapelle. Anders erging es der Galluskapelle in Oberreute. Nach der Fertigstellung der neuen Pfarrkirche erschien sie als überflüssig. 1904 wurde die Sankt Gallus-Kapelle ordentlich exsekriert; bereits ein Jahr zuvor war ihr Glöckchen nach Unterreute und zwei Heiligenfiguren in die neue Pfarrkirche verbracht worden. Dann, um das Jahr 1908, wurde die Kapelle abgerissen. Das Abbruchmaterial wurde für den Bau von neuen Gebäuden wiederverwendet. Direkt neben dem ehemaligen Kapellstandort steht eine Scheune, in der Spolien des alten Gotteshauses gut sichtbar vermauert sind.
Der Architekt Peter Pietsch (1940–2012) hat das noch existierende Bildmaterial der verschwundenen Sankt Gallus-Kapelle gesammelt und mithilfe der Spolien ihre Maße rekonstruiert. Sie war etwa 6,8 Meter breit, 10,6 Meter lang und hatte eine ungefähre Innenhöhe von 3,9 Metern (Firsthöhe 7,65 Meter). Die Spitze des Dachreiters dürfte etwas über 13 Meter über dem Boden gelegen haben. Möglicherweise wurde er erst in der Barockzeit errichtet, um eine Glocke und eine Uhr unterzubringen. Irgendwann im 19. Jahrhundert wurde die barocke Turmhaube, die auf einer Skizze von 1807 noch zu sehen ist, durch einen spitzigen Turmhelm ersetzt.