Sankt Gallus im ›Tal der Heiligen‹

Die Bretagne im Nordwesten Frankreichs gehört zu den geheimnisvollsten und sagenumwobensten Ecken Europas. Mehr als tausend Heilige werden hier verehrt. Viele von ihnen sind von der römisch-katholischen Kirche nicht offiziell anerkannt – zu ›unfassbar‹ erscheinen ihre Legenden.

Ein Kollektiv von Steinbildhauern hat es sich zum Ziel gesetzt, allen Heiligen der Bretagne ein Denkmal zu setzen. Die Künstler nennen ihr Projekt la Vallée des Saints – das Tal der Heiligen. In den nächsten Jahrzehnten soll in der Gemeinde Carnoët im Département Côtes-d’Armor ein Park mit über tausend Heiligenstatuen entstehen. Die Finanzierung der einzelnen Kunstwerke erfolgt durch Crowdfunding. Mäzene können mit kleinen oder größeren Spenden die Realisierung einer Heiligenstatue ermöglichen. Dieses Konzept scheint bisher aufzugehen: Zwischen 2009 und 2018 konnten schon über hundert Skulpturen realisiert werden.

Seit 2018 steht im Vallée des Saints auch eine Statue des heiligen Gallus. Sie ist ein Werk der Skulpteure Bruno Guyader und Jean-Philippe Drévillon (Assistent). Möglich gemacht hat das Kunstwerk Hermann Hungerbühler, ein pensionierter Priester aus dem Bistum St.Gallen.

Seit 2018 steht im Vallée des Saints in der französischen Bretagne eine Skulptur des heiligen Gallus. Sankt Gallus wird in drei Orten der Bretagne als Patron verehrt: Langast, Le Montrel und Querrien. (2018)
Die von Bruno Guyader gemeinsam mit Jean-Philippe Drévillon geschaffene Steinskulptur zeigt die Begegnung des heiligen Gallus mit dem Bären am Wasserfall der Steinach. (2018)
Der in Arnegg SG aufgewachsene Pfarrer Hermann Hungerbühler hat die Errichtung der Gallus-Skulptur als Mäzen ermöglicht. Sein Engagement ist ein Ausdruck der Verbundenheit mit dem Bistum St.Gallen und seinem Patron, dem heiligen Gallus. (2018)
Die offizielle Einweihung der Sankt Gallus-Skulptur im Vallée des Saints fand am 29. Juli 2018 statt. In Vertretung des Mäzens Hermann Hungerbühler richtete Stiftsbibliothekar Cornel Dora einige Grußworte aus St.Gallen aus. Auch Vertreter aus den bretonischen ›Gallusorten‹ Langast, Le Montrel sowie Querrien waren an den Feierlichkeiten vertreten. (2018)
Bruno Guyader ist der Schöpfer der Gallusskulptur im Vallée des Saints. Anlässlich der Einweihung erklärte der Künstler sein Werk. (2018)
Die aus einheimischem Granit gehauenen Skulpturen des Vallée des Saints erinnern mit ihrer Höhe zwischen zweieinhalb und sieben Metern unweigerlich an die prähistorischen bretonischen Menhire (Hinkelsteine). (2018)
Im Vallée des Saints steht eine Sankt Gildas-Kapelle. Der heilige Gildas lebte im 6. Jahrhundert und gehört zu den berühmtesten Vertretern der keltischen bzw. iroschottischen Kirche. Einer Tradition gemäß soll er aus seiner schottischen Heimat in die Bretagne gezogen sein und dort in der Bucht von Quiberon das Kloster Saint-Gildas-en-Rhuys gegründet haben. (2018)
Sankt Gildas hat im Vallée des Saints auch schon eine Statue erhalten. Aber warum interessiert uns dieser Heilige hier überhaupt? Es gibt Vermutungen, dass Columban und seine Jünger auf ihrer Peregrinatio pro Christo die Wirkungsstätten des heiligen Gildas in der Bretagne besucht haben. Sankt Gildas – auch Gildas der Weise genannt – war für Columban ein wichtiges Vorbild. (2018)
Der Möchsvater Columban, mit dem Sankt Gallus weit durch Europa zog, wird in der Bretagne an zahlreichen Orten verehrt. Im Vallée des Saints ist er mit einer Skulptur in der Form eines Fußes vertreten. Quellenmäßig hat der heilige Columban in der Bretagne freilich kaum Spuren hinterlassen. (2018)
Gallus, Columban, Gildas – und noch viele, viele Heilige mehr... Im Vallée des Saints wird die mythenumrankte Heiligengeschichte der Bretagne fassbar. Besuchen Sie diesen Ort, wenn Sie können. (www.lavalleedessaints.com) (2018)

Sankt Gallus wird in der Bretagne als Patron der Pfarrkirche von Langast, einer Kapelle in Le Montrel sowie als Nebenpatron der Wallfahrtskirche von Querrien verehrt. An all diesen Orten habe der heilige Gallus einst persönlich gewirkt, so berichten lokale Erzählungen. Nach der Ausschaffung Columbans und seiner Gefährten aus dem Königreich Burgund habe sich Gallus für einige Zeit in Langast niedergelassen und dort als Einsiedler gelebt. Im benachbarten Le Montrel habe er ein kleines Klösterchen gegründet, und in Querrien, etwa zehn Kilometer von Langast entfernt, habe er für die Bevölkerung eine Quelle mit sauberem Wasser geschlagen. Während seines Aufenthalts in der Bretagne habe Gallus auch eine Statue der Jungfrau Maria geschnitzt, die im Jahr 1652 in Querrien wunderbar wiederentdeckt worden sein soll.

Das mag sich alles recht sagenhaft anhören. Es gibt durchaus keine schriftlichen Belege für ein Wirken des heiligen Gallus in der Bretagne. Völlig ausschließen lässt es sich dennoch nicht. Columban und seine irischen Begleiter haben sich auf ihrer Peregrinatio pro Christo wohl sogar zweimal (um 590 und um 610) für einige Zeit in der Bretagne aufgehalten. So lässt sich die bretonische Überlieferung einmal mehr nicht eindeutig wissenschaftlich widerlegen. Auch im Falle des heiligen Gallus behält die Bretagne ihre Geheimnisse für sich.