Die Pest brach aus. Zuerst in der Gemeinde Henau, im Hof Gupfen. Dort erschien nachts ein weißes Frauchen. Es kehrte mit einem weißen Besen emsig die Türschwelle, worauf ein weißlicher Rauch aufstieg. So begann die Seuche. Ein Familienmitglied nach dem andern starb dahin. Der Rauch blieb immer sichtbar. Da bohrte der letzte noch lebende Sohn ein Loch in die Wand. Der Rauch fuhr hinein und die Pest verließ das Haus. Nun war sie frei und wütete im ganzen Dorf. Immer, wenn in einem Haus die Seuche ausbrach, war das Frauchen mit seinem Besen sichtbar.
Das Frauchen wischte nicht nur in Henau, sondern weit und breit. In der Stadt Wil raffte die Pest von Oktober 1610 bis November 1611 insgesamt 919 Menschen hinweg, darunter fünf Kapläne. In Jonschwil starben 332 Personen, die Mehrheit davon in Oberuzwil, das damals nach Jonschwil kirchgenössig war. Ganze Wagenladungen von Leichen wurden von Oberuzwil auf den Jonschwiler Friedhof gebracht. Eines Tages erlagen gleich zwei Fuhrleute, die den Leichentransport besorgen sollten, auf offener Straße der Seuche, so dass erst ein dritter Fuhrmann die Leichen auf den Friedhof bringen konnte.
Das Schreckensfrauchen kam auch nach Lenggenwil. Wie die Pest dort hauste, war noch lange auf einer Inschrift auf dem Friedhof zu lesen: »Ist das nicht ein große Klag, 99 in einem Grab.« Von Lenggenwil her kam das Frauchen auch nach Zuckenriet. – Not lehrt beten! Ein Zuckenrieter gelobte, eine Kapelle zu stiften. Er gehörte zu den wenigen Dorfbewohnern, die die Seuche überlebten.
(Nach Kreienbühler, Niederhelfenschwil-Lenggenwil)