Da, wo die imposanten Bergmassive von Alpstein, Churfirsten und Speer aufeinandertreffen, verengt sich das Toggenburg zu einer Schlucht, durch die sich die junge Thur ihren Weg bahnt. Diesen Durchgang beherrschte im Hochmittelalter die Burg Starkenstein, die den mächtigen Grafen von Montfort gehörte. Etwas flussabwärts, wo sich das Thurtal wieder zu einer breiten, gefälligen Landschaft weitet, befand sich der Hof Breitenau. Die Montforter übergaben dieses Gut 1180/1209 dem Benediktinerkloster St. Johann im Thurtal.
Wann in der Breitenau das erste Gotteshaus errichtet wurde, ist nicht bekannt. Schriftliche Hinweise lassen jedoch darauf schließen, dass hier bereits um 1275/80 eine Kapelle existierte. Das Patronatsrecht lag beim Kloster St. Johann. Wohl gegen Ende des 15. Jahrhunderts (1483? / 1497?) wurde Breitenau zur Pfarrei erhoben. Als erster Pfarrer ist im Jahr 1508 Pater Johannes Steiger belegt, der spätere Abt des Klosters St. Johann im Thurtal (1520–1535). Laut chronikalischer Tradition war die Breitenauer Kirche dem heiligen Gallus geweiht.
Das Galluspatrozinium hat sich allerdings nicht erhalten. 1524 setzte im Toggenburg, dem Heimattal des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli, die Reformation ein. Der damalige Pfarrer von Breitenau, Blasius Forrer, war ein feuriger Anhänger der neuen Lehre. Die Kirche wurde ausgeräumt, die Reliquien gingen ab. Pfarrer Forrer fand bald darauf einen gewaltsamen Tod. Er wurde 1529 auf offener Straße erschlagen.
Die Mehrheit, aber nicht die gesamte Bevölkerung hatte das evangelische Bekenntnis angenommen. Breitenau war ein geteilter Ort. Weder Reformierte noch Katholiken waren fortan in der Lage, einen eigenen Prediger bzw. Priester zu unterhalten. Die Reformierten mussten sich kirchlich der Nachbargemeinde Nesslau anschließen, die wenigen Katholiken besuchten den Gottesdienst im Kloster St. Johann. Dieses war durch die Reformation allerdings so geschwächt worden, dass es nicht mehr selbständig weiter zu existieren vermochte. St. Johann im Thurtal wurde 1555 dem Kloster St.Gallen inkorporiert.
Der Hof Breitenau war im Verlauf des Mittelalters zu einem Dorf angewachsen. Dieses wurde – wohl aufgrund seiner Nähe zur Burg Starkenstein – immer öfter mit den Bezeichnungen ›am Stein‹ oder ›beim Stein‹ lokalisiert, bis sich schließlich der Ortsname ›Stein‹ durchsetzte.
Der St.Galler Fürstabt Bernhard Müller ließ im Jahr 1601 in Stein wieder den katholischen Gottesdienst einführen. Mönche aus dem Kloster St. Johann, nunmehr ein St.Galler Priorat, übten die Seelsorge aus. Die reformierte Gemeinde von Stein erhielt 1711 einen eigenen Prediger. Die einstige Galluskirche wurde paritätisch genutzt. Streitigkeiten zwischen Reformierten und Katholiken gab es vor allem des Pfrundguts, also eher des Geldes als des Glaubens wegen. Doch ein Zusammenleben war möglich. Ein katholischer Geistlicher berichtet um 1700: »Die Zwinglianer sind früher wie Tiger gewesen; aber allmählich haben sie sich so an die Katholischen gewöhnt, dass sie wie eine Gemeinde geschienen und mit ihnen die gleiche Kirche besuchten.«
Das Simultanverhältnis wurde 1929 mit der Errichtung einer neuen katholischen Kirche beendet. Sie ist dem heiligen Jakobus geweiht. Die Reformierten übernahmen die alte Kirche und erneuerten sie gründlich. 1947 wurde Stein von einer verheerenden Brandkatastrophe heimgesucht, dem letzten großen Dorfbrand in der Schweiz. 18 Wohnhäuser und 17 Ställe fielen den Flammen zum Opfer. Die reformierte und die katholische Kirche blieben beide verschont.