Metz, die Hauptstadt des fränkischen Reichsteils Austrasien, war buchstäblich ein ›wegweisender‹ Etappenort für die Reisegruppe um den irischen Mönchsvater Columban – und besonders für seinen Schüler Gallus. Nach ihrer Vertreibung aus Luxeuil und der gescheiterten Ausschaffung nach Irland reiste die Gruppe über Paris und Soissons nach Metz zu König Theudebert II. Von hier aus wollte Columban mit seinen Jüngern über die Alpen zum Langobardenkönig Agilulf ziehen. Doch Theudebert rang ihm die Zusage ab, zuerst noch eine Zeit lang in seinem Reich zu bleiben, um das Christentum zu verkünden. Mit den Missionsversuchen in Tuggen und Bregenz löste Columban sein Versprechen ein. Den Aufenthalt der irischen Mönche in Bregenz und damit auch das zurückbleiben des heiligen Gallus am Bodensee verdanken wir also letztlich dem Austrasierkönig Theudebert II. von Metz.
Sankt Gallus hat sich in Metz wohl schon zu Lebzeiten ein bleibendes Andenken gesichert. Nicht als Begleiter Columbans, sondern durch die Heilung der alemannischen Herzogstochter Fridiburga. Diese war mit dem damaligen Austrasierkönig Sigibert (III.) verlobt, der wie seine Vorgänger in Metz residierte. Fridiburga hatte nach ihrer Heilung jedoch den Entschluss gefasst, ein eheloses, gottgeweihtes Leben zu führen. Sie eröffnete Sigibert ihren Wunsch in der Metzer Sankt Stephans-Kirche, als schon alles für die Hochzeit vorbereitet war. Der Bräutigam willigte ein. Fridiburga trat ins Kloster ein und wurde Äbtissin der Benediktinerinnen von Sankt Peter in Metz.
Zwischen dem Kloster St.Gallen und dem alten, vielleicht bereits im 3. Jahrhundert gegründeten Bistum Metz gab es schon früh Beziehungen. Sie knüpften vielleicht tatsächlich noch an die Erinnerung an Fridiburga an. Bischof Adventius (858–875) war es wohl, der in der Nähe der Sankt Stephans-Kirche eine neue Kapelle erbauen ließ und sie dem heiligen Gallus weihte. Die capella sancti Galli in palatio episcopali Metensis gehörte zur bischöflichen Residenz und war die Hauskapelle der Metzer Bischöfe. Adventius selber und mindestens noch zwei weitere Bischöfe ließen sich hier bestatten: Robert I. (883–917) und Frédéric de Pluviose (1171–1173).
Bischof Robert I. stammte aus Alemannien. Er trat zunächst ins Kloster St.Gallen ein, wo er zum Freundeskreis Notkers des Stammlers gehörte. Von hier wurde er zum Bischof von Metz berufen, blieb aber offenbar weiterhin mit seinem Kloster in Kontakt. Der Aufenthalt des großen St.Galler Mönchskünstlers Tutilo in der Stadt Metz, über den Ekkehard IV. im 45. Kapitel seiner casus sancti Galli berichtet, könnte auf Einladung von Bischof Robert erfolgt sein. In der Metzer Bischofschronik wird Robert vor allem für seine Sorge um die Klöster und die Erneuerung der Metzer Stadtmauer gepriesen, die wohl vor dem Hintergrund der Bedrohung durch die Wikinger erfolgte. Der Vorgänger von Robert, Bischof Wala, war 882 im Kampf gegen die Wikinger bei Remich gefallen.
Im 10./11. Jahrhundert wurde die Metzer Sankt Stephans-Kirche als romanische Basilika neu errichtet. Um 1220 begannen die Bauarbeiten an der gotischen Kathedrale, die dreihundert Jahre andauerten. Das neue Gotteshaus nahm gewaltige Ausmaße an. Die gotische Kathedrale griff viel weiter nach (Süd-) Westen aus als ihr romanischer Vorgängerbau und reichte bis dicht an den bischöflichen Palast mit der Sankt Gallus-Kapelle heran. Ein ungehinderter Durchgang zwischen Bischofsresidenz und Kathedrale war nicht mehr möglich. Im Jahr 1607 entschloss man sich, diesen Durchgang wieder frei zu machen. Dazu musste die Sankt Gallus-Kapelle abgerissen werden.