Linzenshäuschen (Aachen)

Haltestelle Linzenshäuschen im Aachener Wald
Die Einsiedeleikapelle Mariahilf bzw. Sankt Gallus am Linzenshäuschen bei Aachen existiert nicht mehr. Sie wurde im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgebrochen. (2019)
Alt-Linzenshäuschen im Aachener Wald
Die Einsiedelei, die auch als »Grand Eremitage« bezeichnet wurde, stand in der Nähe eines alten Wachtturms des Aachener Reichs, Alt-Linzenshäuschen. (2019)
Schlusstein aus der Sankt Gallus-Kapelle Linzenshäuschen
Über dem Torbogen von Alt-Linzenshäuschen wurde bei einem Umbau der  Schlussstein der abgebrochenen Einsiedeleikapelle Mariahilf bzw. Sankt Gallus  vermauert. Er ist die einzige erhaltene Erinnerung an die »Grand Eremitage« bei Linzenshäuschen. (2019)
Schlusstein aus der Sankt Gallus-Kapelle Linzenshäuschen im Aachener Wald
Diese Inschrift zierte einst die Einsiedeleikapelle Mariahilf bzw. Sankt Gallus bei Linzenshäuschen. Eremitage und Kapelle waren mit Hilfe des Magistrats von Aachen entstanden. (2019)

Im Aachener Wald bei Linzenshäuschen errichtete ab 1699 der Eremitenbruder Antonius Koll mit Hilfe der Stadtobrigkeit eine Einsiedlerklause und eine Kapelle. Die Klause sollte Platz für jeweils zwei Eremitenbrüder bieten. Die dazugehörige Kapelle weihte am 10. September 1703 der Augustinerprior August Schepers als Mariahilf-Kapelle. In lateinischen Urkunden erscheint das Gotteshaus bisweilen als Capella ad Mariae refugium bzw. auxilium. Doch im Aachener Stadtarchiv wurden die entsprechenden Archivalien als »Acta betreffend die St. Gallus-Kapelle an Linzenshäusgen«verzeichnet.

Zumindest in der Aachener Verwaltung galt die Einsiedeleikapelle offenbar als Galluskapelle, wobei sich das Patrozinium gut erklären ließe. Sankt Gallus hat sich gemäß seinen Lebensbeschreibungen als Einsiedler ins Hochtal der Steinach zurückgezogen und wurde deshalb in verschiedenen Einsiedeleien als Patron verehrt, zum Beispiel im elsässischen Saint-Gall, im friulanischen San Gallo oder in Cagnò im Trient.

Die Eremitenbrüder bei Linzenshäuschen lebten nach der Regel des Dritten Ordens des heiligen Franziskus. Schon unter Antonius Koll war bei der Einsiedelei ein Heilig-Grab sowie ein Stationenweg entstanden. Die »Grand Eremitage«, wie die Zelle auch genannt wurde, entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel vor den Toren der Stadt Aachen. An Marienfesten war in der Mariahilf, bzw. Galluskapelle ein Ablass zu gewinnen.

1723 erschütterte ein Mordfall die beschauliche Eremitage bei Linzenshäuschen. Am 8. September erschoss einer der beiden Einsiedler seinen Mitbruder und ergriff die Flucht. Der Tote wurde in der Einsiedeleikapelle beigesetzt. In der Folge kam es zu langwierigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Aachener Magistrat und dem Sendgericht, das heißt der weltlichen und geistlichen Obrigkeit. 1749 beschloss der Rat von Aachen, die Eremitage wieder abzureißen. Der Beschluss wurde aber offenbar nicht ausgeführt. Jedenfalls bewohnte Ende des 18. Jahrhunderts ein Ehepaar die Einsiedelei und führte dort ein kleines Wirtshaus. Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts fanden am Pfingstmontag bisweilen Wallfahrten nach »Mariä Hilf im Aachener Wald« statt. Das Einsiedlerhaus bei Linzenshäuschen wurde wohl während der französischen Besatzung um 1800 zerstört. Die Maria-Hilf/Gallus-Kapelle existierte zunächst noch weiter. 1821 wurden Reparaturarbeiten am Dach der Kapelle ausgeführt, doch schon 1827 erfolgte der Abriss des baufälligen Gotteshauses.


Literatur

Teichmann, Eduard, Linzenshäuschen, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 30 (1908), S. 1–61.

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Stand: August 2019