Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs errichtete das Schweizer Militär im Kanton Tessin einen starken Verteidigungsgürtel, der einen Truppeneinmarsch von Italien her verunmöglichen sollte. Die Abwehrlinie reichte von Ponte Brolla über Indemini, Mezzovico und Gola di Lago bis nach Gandria am Luganersee.
Im Gebiet von Gola di Lago, von wo aus man die Verkehrswege im Luganese beherrschte, wurden drei Infanteriewerke errichtet: Das Doppelwerk Cima di Lago 1 & 2, der Infanteriebunker Davrosio mit einem gepanzerten Beobachtungsposten sowie der Bunker Cappella di Lago, wo eine Infanteriekanone und zwei Maschinengewehre stationiert wurden. Zum Schutz dieses strategisch bedeutsamen Festungskomplexes wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Nahe des Bunkers Cappella di Lago war beispielsweise eine Wache stationiert, für die man einen einfachen Unterstand, ein steinernes Schilderhaus, bereitstellte.
Dieses Schilderhaus war zugleich eine Kapelle, eine Sankt Gallus-Kapelle. Sie bestand bereits vor Ausbruch des Kriegs, war aber offenbar verfallen. Eine in italienischer Sprache verfasste Inschrift am Torbogen lautet übersetzt ungefähr so: »Diese Kapelle war einst dem heiligen Gallus geweiht, dem Apostel des helvetischen Volkes. Mehrfach zerstört, wurde sie durch die Zuwendungen Vieler im Jahre des Herrn 1938 wiedererrichtet.« Das Alter der ursprünglichen Sankt Gallus-Kapelle von Gola di Lago ist unbekannt. Direkt an einer alten Verbindungstrasse zwischen Bellinzona und Lugano errichtet, könnte sie freilich schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg eine Rolle als Weg- oder gar Hospizkapelle gespielt haben. Heute führen über Gola di Lago die Fernwanderrouten ViaGottardo bzw. der Trans Swiss Trail.
Die doppelte Nutzung der Sankt Gallus-Kapelle zeigt sich in ihrem Innern. Unter einem Bronzerelief der Gottesmutter lädt eine steinerne Sitzbank zum Ausruhen, und eine kleine Feuerstelle neben dem Eingang verspricht etwas Wärme. Auf dem Giebel des Steindachs steht ein eisernes Kreuz. Die Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg hier ihren Wachdienst verrichteten, haben wohl eine spezielle Verbindung zum heiligen Gallus aufgebaut.