Gallwiller

Vom alten Dorf Gallweiler im Elsass ist nichts übrig geblieben. Das Trafohaus, das am Ort der ehemaligen Siedlung steht, stammt aus viel jüngerer Zeit. (2016)
Blick vom einstigen Gallweiler Richtung Epfig und Vogesen. Das ehemalige Siedlungsgebiet von Gallweiler ist heute intensiv genutztes Kulturland. (2016)
Die Bewohner von Gallweiler gaben ihr Dorf im 17./18. Jahrhundert auf und bauten ihre Häuser im unteren Teil des benachbarten Epfig neu auf. (2013)
Die Statue des heiligen Gallus wurde aus der alten Kapelle von Gallweiler in die Pfarrkirche von Epfig überführt. (2016)
Rue Saint-Gall. Im südöstlichen Siedlungsteil von Epfig erinnert heute eine Straße an die abgegangene Kapelle und das Dorf Gallweiler, dessen Einwohner im 17./18. Jahrhundert in Epfig eine neue Heimat gefunden haben. (2013)
Die Rue Saint-Gall liegt an der einstigen Verbindungsstraße zwischen Epfig und Gallweiler, etwa zwei Kilometer von der alten Sankt Gallus-Kapelle entfernt. (2013)
Die im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts erbaute Kapelle Ste. Marguerite/St. Margareta stand einst auf halbem Weg zwischen Epfig und Gallweiler. Heute reicht das Siedlungsgebiet von Epfig bis zu dieser Kapelle. (2013)
Noch ein Bild der eindrücklichen Chapelle Ste. Marguerite von Epfig, die Sie bei Gelegenheit unbedingt besuchen sollten… (2013)
Auf der großartigen Carte de Cassini aus dem 18. Jahrhundert ist Gallweiler noch eingezeichnet. (Quelle: www.cartocassini.org)

Gallwiller/Gallweiler ist ein abgegangener Ort im Elsass. Sein einstiger Bannbezirk ist im 18. Jahrhundert im Gemeindegebiet von Epfig aufgegangen. Die Schweden sollen Gallweiler schon im Dreißigjährigen Krieg verheert haben, doch scheint der Ort erst in den Wirren des Spanischen Erbfolgekriegs definitiv untergegangen zu sein. Im Jahr 1660 zählte der Pfarrer von Epfig in Gallweiler immerhin noch dreißig Kommunikanten. Doch schon 1710 lesen wir in Franz Ruprecht von Ichtersheims ›Elsässischer Topographie‹ (S. 47): Kohlenweiller / auf dem Platz / allwo dieses Dorff gestanden / liegt dermahls nur eine alte Capell / weilen die Jnnwohner darvon nacher Epffig migriret / und allda das untere Dorff aufgebauet haben.

Die alte Kapelle von Gallweiler/Gallwiller war dem heiligen Gallus geweiht. Sein Patrozinium wird zwar erst 1666 erstmals ausdrücklich erwähnt, doch legt der Ortsname Gallweiler nahe, dass Sankt Gallus hier schon eine lange Tradition hatte und dem Dorf wohl sogar seinen Namen gab. Dorf und Kirche (ohne Patrozinium) werden schon im 13. Jahrhundert fassbar; im 14. Jahrhundert ist von einem Markt am Gallustag die Rede. Im Mittelalter war Gallweiler vielleicht noch eine eigene Pfarrei, 1666 eine Filiale von Epfig. Das Patronatsrecht war von alters her ein Lehen der Bischöfe von Straßburg, die in Gallweiler auch die wichtigsten Grundherren waren.

In den bischöflichen Visitationsprotokollen erfahren wir, dass in Gallweiler im Jahr 1760 neben der Kapelle nur noch ein Meierhof sowie das Häuschen eines »Waldbruders« und Sakristans standen. Trotzdem hatte die Sankt Gallus-Kapelle noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine Pfründe. Ihr Benefiziat – in der Regel der Pfarrer von Epfig – war dazu verpflichtet, in Gallweiler jährlich zwölf Messen zu lesen und die Kirche zu unterhalten.

Dann kam die Revolution, zog Kirchengüter und Pfründen ein und verkaufte sie als Nationalgut. Die Sankt Gallus-Kapelle von Gallweiler/Gallwiller wurde in ein Forsthaus umfunktioniert und 1837 abgebrochen. Noch lange erinnerte ein Feldkreuz an ihren einstigen Standort. 2016 habe ich dieses Kreuz allerdings nicht mehr gefunden. Die Sankt Gallus-Statue hingegen, die sich ehemals in der Kapelle von Gallweiler befunden haben soll, steht bis heute in der Pfarrkirche von Epfig, wo einst auch die Bewohner von Gallweiler eine neue Heimat fanden.


Literatur

Barth, Médard, Handbuch der elsässischen Kirchen im Mittelalter, in: Archives de l’Eglise d’Alsace NS XI-XIII (1960-1963).

Erhart, Peter; Kuratli Hüeblin, Jakob; Oberholzer, Paul, 1400xGallus, St.Gallen 2012.

Fischer, Marie-Thérèse, Pèlerinages et piété populaire en Alsace, Strasbourg 2003.

Fischer, Marie-Thérèse, Saints, guérisseurs et protecteurs en Alsace, Strasbourg 2011.

Humm, André, Villages et hameaux disparus en Basse-Alsace. Contribution à l’histoire et l’habitat rural (XIIe-XVIIIe siècles), Strasbourg 1971.

Ichtersheim, Franz Ruprecht von, Gantz neue Elsaßische Topographia […], Regensburg 1710.

Les Amis de la Chapelle Ste Marguerite d’Epfig, La Chapelle Sainte Marguerite Epfig. Sur la Route Romane en Alsace, [Epfig] o. J.

Staerkle, Paul, Von den Sankt Gallus-Patrozinien, in: Bischöfliches Ordinariat und Katholischer Administrationsrat St.Gallen (Hg.), Sankt Gallus Gedenkbuch. Zur Erinnerung an die Dreizehnhundert-Jahr-Feier vom Tode des heiligen Gallus am 16. Oktober 1951, St.Gallen 1952, S. 48–74.

Statistisches Bureau des Ministeriums für Elsass-Lothringen (Hg.), Das Reichsland Elsass-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung, Dritter Theil, Ortsbeschreibung, Strassburg 1901-1903.

Stintzi, Paul, Von den St.Gallus-Patrozinien, in: Archives de l’Eglise d’Alsace 22 (1955), S. 22.

Wernert, A., Gallweiler. Illustrierte Monatsschrift für Heimatkunde und Touristik, in: Elsassland. Lothringer Heimat 12 (1932), S. 55.

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Stand: Dezember 2017