Über die Frühzeit von Böhringen lässt sich nur wenig sagen. Die Endung des Ortsnamens auf -ingen lässt auf eine frühe Besiedlung schließen. Schriftlich tritt der Ort auf der Schwäbischen Alb allerdings erst im Hochmittelalter in Erscheinung. Heute gehört Böhringen zur Gemeinde Römerstein.
Die Pfarrkirche von Böhringen findet in einer um 1192 ausgestellten Urkunde ihre erste Erwähnung. Damals schenkte Pfalzgraf Rudolf von Tübingen den vierten Teil der Kirche – zusammen mit weiteren Gütern – an das Zisterzienserkloster Bebenhausen. Er hatte die Besitzungen kurz zuvor von Albert von Sperberseck übernommen, dessen Familie die Herrschaft über Böhringen innehatte. Die Stammburg der Herren von Sperberseck – heute eine Ruine – lag nur wenige Kilometer nördlich des Dorfes.
Die Patrone der Böhringer Pfarrkirche begegnen uns erst im Jahr 1437: Die Jungfrau Maria und Sankt Gallus. In späteren Zeugnissen findet die Gottesmutter keine Erwähnung mehr. Ob wir daraus schließen dürfen, dass Gallus die (ursprüngliche?) Patronin Maria verdrängt hat, ist aber ungewiss – genauso ungewiss wie die Entstehungszeit der ältesten Böhringer Kirche, über die es keine archäologischen Befunde gibt.
Seit dem Spätmittelalter war Böhringen württembergisch. Den Kirchensatz kaufte Graf Ludwig I. im Jahr 1444 den Herren von Schilling ab. Die Württemberger (Herzog Ulrich/Herzog Christoph) führten in Böhringen – wie auch sonst in ihrem Herrschaftsgebiet – die Reformation durch. Ihren Verlauf in Böhringen können wir nicht im Detail nachverfolgen. Der Übergang zur neuen Lehre scheint während der langen Amtszeit (1530–1576) von Pfarrer Markus Reinhard ohne größeres Aufsehen stattgefunden zu haben.
Die Böhringer Sankt Gallus-Kirche war einst von einer starken, fast sechs Meter hohen Wehrmauer umgeben. Hinter ihr suchte die Bevölkerung in Kriegszeiten Schutz. Der Ausbau zur Wehrkirche erfolgte wohl schon im Mittelalter, ein genauer Zeitpunkt lässt sich jedoch nicht ermitteln. Möglicherweise wurde die Befestigung im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs noch verstärkt. Im Verlauf dieses schrecklichen Kriegs, namentlich nach der Schlacht bei Nördlingen (6. September 1634), wurde Böhringen fast vollständig zerstört. Wenn auch die Bevölkerung in der Wehrkirche Sankt-Gallus Schutz fand, so war damit das Elend doch nicht abgewendet, sondern nur aufgeschoben. Denn auf die Zerstörung der Häuser und Höfe folgten Hunger und Seuche. Im Jahr 1635 starben in Böhringen 500 Menschen an der Pest.
Die Böhringer Kirchhofmauer, die mit Schießscharten und einem Wehrgang umgeben war, blieb bis im 19. Jahrhundert bestehen. Dann wurde sie etappenweise abgetragen – 1830 und 1854 im Rahmen von Friedhofserweiterungen, 1883 für den Neubau der Böhringer Kirche. 1967 wurden dann auch die letzten noch übrig gebliebenen Reste der alten Wehrmauer abgebrochen.
Schon seit dem 18. Jahrhundert war die Böhringer Sankt Gallus-Kirche zu klein für die stetig wachsende Gemeinde. Verschiedene bauliche Maßnahmen brachten zwar kurzfristige Verbesserungen, aber keine definitive Lösung des Platzproblems. Für einen Neubau fehlte der Kirchenkasse – ›dem Heiligen‹ – jedoch das Geld. Vor der Reformation hatten die Einkünfte des ›Heiligen‹ noch aus dem Kleinen und Großen Zehnt der abgabepflichtigen Kirchgenossen bestanden und war damit hoch genug bemessen, um in Böhringen neben einem Pfarrer auch die Kirche zu erhalten und wenn nötig zu ersetzen. Seit der Reformation beanspruchte jedoch die württembergische Herrschaft den Großen Zehnt für sich und bestritt damit ihre eigenen Aufwendungen. Das Nachsehen hatte die Böhringer Kirche.
Nicht nur in Böhringen verhinderte die ›Zweckentfremdung‹ des Großen Zehnten durch die weltliche Herrschaft einen Kirchenneubau. Zahlreiche Gemeinden prozessierten damals gegen den württembergischen Staat und forderten, dieser habe als Empfänger des Großen Zehnten die Kirchenbaulast zu tragen. Im Jahr 1862 entschied sich auch Böhringen für einen Prozess, denn die vorreformatorischen Urkunden schienen ihrem ›Heiligen‹ klar Recht zu geben. Doch erst zehn Jahre später, in dritter Instanz, wurde die Böhringer Forderung anerkannt. Theoretisch. Der Zivil-Senat in Tübingen stellte zwar fest, dass gemäß den alten Urkunden die Baulast für die Böhringer Kirche eindeutig aus den Erträgen des Großen Zehnten zu bestreiten seien. Nur: Bereits 1852 waren die alten Zehnten abgelöst und durch andere Abgaben ersetzt worden. Die staatliche Domänenverwaltung stellte sich nun auf den Standpunkt, dass mit den Zehnten auch die damit einst verbundenen Verpflichtungen erloschen seien. Böhringen hatte es verpasst, seine – berechtigten – Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Immerhin zeigte sich die Königliche Domänendirektion – nach mehreren Rekursen – kompromissbereit und steuerte 15‘000 Gulden, die Hälfte der 1849 veranschlagten Bausumme, an die Neuerrichtung der Sankt Gallus-Kirche von Böhringen bei. Der im neugotischen Stil geplante Bau konnte 1883 endlich in Angriff genommen und am 16. Mai 1886 eingeweiht werden.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs musste auch Böhringen noch das Leid des Kriegs erfahren. Nach einem einleitenden Luftangriff am 20. April 1945 eroberten amerikanische Bodentruppen zusammen mit verbündeten Einheiten den Ort. Vier Gemeindemitglieder und sieben deutsche Soldaten kamen um, fast kein Haus blieb unbeschädigt. Auch die Sankt Gallus-Kirche wurde getroffen. Ein Granateneinschlag beschädigte fünf Kirchenfenster schwer. Bereits am 25. April räumten die Alliierten den Ort wieder. Zuvor brannten sie aber noch das Böhringer Schulhaus nieder, das der Deutsche Volkssturm als Waffenlager missbraucht hatte. Die Solidarität mit den Kriegsgeschädigten war groß. Bald schon nahm die Böhringer Bevölkerung den Wiederaufbau in Angriff.