Der St.Galler Klosterplan

Als Abt Gozbert von St.Gallen um das Jahr 820 neue Klosterbauten und insbesondere eine neue Klosterkirche plante, erhielt er von seinem Reichenauer Amtskollegen Haito eine detaillierte Planzeichnung eines Klosterkomplexes geschenkt, die ihm als Inspiration für sein Bauvorhaben dienen sollte. Diese 112 x 77,5 cm große Zeichnung ist bis heute erhalten geblieben und als St.Galler Klosterplan weltweit bekannt. Der Klosterplan gehört zu den herausragenden Schätzen der Stiftsbibliothek St.Gallen.

Abt Gozbert, der 830 mit dem Neubau der St.Galler Klosterkirche begann, hat sich sicherlich intensiv mit seinem Bauvorhaben auseinandergesetzt. Der Input, den die Reichenau in Form des Klosterplans beisteuerte, war ihm gewiss sehr willkommen. Baulich umgesetzt hat Gozbert den Klosterplan freilich nicht, denn dieser stellte eher die Idealskizze eines karolingischen Großklosters als eine konkrete, auf die St.Galler Verhältnisse zugeschnittene Bauanleitung dar.

Diese universelle Bedeutung ist es denn auch, die den St.Galler Klosterplan für die Forschung so ungemein wertvoll macht. In ihm spiegeln sich die frühmittelalterlichen Anforderungen an einen idealen Klosterkomplex. Er gewährt uns tiefe Einblicke in die vielfältigen Aufgaben, die ein Kloster in der Karolingerzeit zu erfüllen hatte. Und diese waren nichts weniger als bedeutend, wenn wir bedenken, dass wir nicht nur die Überlieferung der antiken, sondern auch die Entwicklung unserer abendländisch-christlichen Kultur wesentlich den Klöstern verdanken – gerade auch dem Kloster St.Gallen.

Der St.Galler Klosterplan kann auf e-codices in hervorragender Qualität betrachtet und erkundet werden.
(Bildquelle: St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 1092, f. recto – St. Galler Klosterplan (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/csg/1092))