Wangen im Allgäu

Pfarrkirche und Rathaus beherrschen den Marktplatz der alten Reichsstadt Wangen im Allgäu. Die Kirche ist den Heiligen Martin, Gallus und Magnus geweiht. (2013)
Ihre heutige Größe hat die Wangener Kirche bereits im 15. Jahrhundert erhalten. Im Innern hat das Gotteshaus seither noch zahlreiche Änderungen und Anpassungen erfahren. (2017)
An dem 1901 aufgerichteten neugotischen Hochaltar von Theodor Schnell dem Jüngeren (1870–1938) findet sich auch eine Statue des heiligen Gallus. Links neben ihm der heilige Ulrich. (2017)
Die Geschichte von Wangen wurde lange Zeit vom Kloster St.Gallen geprägt. Daran erinnert bis heute Sankt Gallus als Mitpatron der Pfarrkirche (linkes Bild an der Westfront der Kirche). (2012)
An die Verbindung zum Kloster St.Gallen erinnert seit 1982 auch eine ausdrucksstarke Sankt Gallus-Skulptur des Künstlers Siegfried Haas (1921–2011). Diese steht auf der viel befahrenen Wangener ›Gallusbrücke‹ (Friedrich-Ebert-Straße). (2016)
Blick von der ›Gallusbrücke‹ Richtung Pulverturm und Stadtmauer. Im Hintergrund der Turm der Wangener Stadtpfarrkirche Sankt Martin, Gallus und Magnus. (2012)
Das Martinstor (oder Lindauertor) ist eines von zwei noch erhaltenen Stadttoren von Wangen im Allgäu. Beide Tore erhielten ihre heutige Gestalt im Jahr 1608, als die Stadt definitiv vom Kloster St.Gallen unabhängig wurde. (2012)
Am Martinstor erinnert seit 1928 ein Bild daran, dass nicht nur Wangen dem Kloster St.Gallen viel verdankt, sondern auch umgekehrt. Ulrich Rösch, 1426 als Bäckerssohn in Wangen geboren, wurde zu einem der bedeutendsten St.Galler Äbte und ging als zweiter Klostergründer in die Geschichte ein. (2012)
In der Altstadt von Wangen im Allgäu gibt es zahlreiche malerische Winkel zu entdecken. (2012)

Die frühe Geschichte von Wangen im Allgäu, das am 26. Juni 815 erstmals urkundlich erwähnt wird, ist eng mit dem Kloster St.Gallen verbunden. Dieses besaß in der Region schon im Frühmittelalter umfangreichen Besitz und errichtete in Wangen einen Kelnhof, der in der klösterlichen Gutsverwaltung eine wichtige Rolle spielte. Über die Entstehung dieses Kelnhofs wissen wir allerdings nichts Genaues. Die Forschung geht von einer Gründung im 9. Jahrhundert aus, was im Hinblick auf die Gütergeschichte des Klosters St.Gallen durchaus plausibel erscheint. Spätestens mit dem Kelnhof dürfte auch die erste (Pfarr-) Kirche von Wangen entstanden sein. Schriftlich fassbar wird diese jedoch erst im Jahr 1182, als ihr Pfarrherr unter den Gönnern des brandgeschädigten Klosters Isny erscheint.

Am 2. Mai 1386 wurde in der Wangener Kirche ein neuer Hauptaltar zu Ehren der Heiligen Martin, Gallus und Christophorus geweiht. Es ist dies der erste Hinweis auf die Kirchenpatrone von Wangen. Eine weitere Weihenotiz ist aus dem Jahr 1421 überliefert, damals mit den Altarheiligen Martin, Gallus, Mauritius, Christophorus und Thomas. Heute steht neben Martin und Gallus der Allgäuheilige Magnus. Dieser wurde wohl im 16. Jahrhundert zum Mitpatron der Wangener Pfarrkirche erhoben, nachdem im Jahr 1524 ein Teil des 1467 in Füssen wiederentdeckten Magnusstabs als hochverehrte Reliquie nach Wangen kam.

Nicht nur die schriftlichen Quellen schweigen über die Frühgeschichte der Wangener Kirche, es fehlen auch archäologische und baugeschichtliche Befunde aus jener Zeit. Die ältesten datierbaren Bauteile der heutigen Pfarrkirche – der untere Teil des Turms sowie die östliche Giebelwand des Mittelschiffs – stammen aus dem 12. Jahrhundert. Diese Bauphase könnte im Zusammenhang mit der Erhebung Wangens zum Marktort stehen, die um die Mitte des 12. Jahrhunderts unter Abt Werinher von St.Gallen erfolgte. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich Wangen zu einer Stadt, der König Rudolf von Habsburg 1286 die Überlinger Stadtrechte verlieh. Allmählich emanzipierte sich die Wangener Bürgerschaft vom Kloster St.Gallen, dem sie aber weiterhin den Huldigungseid leistete. Erst seit der Regierungszeit des aus Wangen stammenden Abts Ulrich Rösch sind keine Huldigungen mehr nachzuweisen. Rösch hatte seiner Heimatstadt diese Pflicht wohl großzügig erlassen. Definitiv unabhängig vom Kloster St.Gallen wurde Wangen im Jahr 1608. Damals ging auch das Patronatsrecht der Wangener Pfarrkirche vom Kloster an die Stadt über.

1422 bewilligte der Konstanzer Bischof eine Vergrößerung der Pfarrkirche. Die über dem Westportal angebrachte Jahreszahl 1468 dürfte den Abschluss dieser Bauarbeiten markieren. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Kirche etappenweise barockisiert, um 1900 dann wieder entbarockisiert und mit einer neugotischen Einrichtung versehen. 1981/82 erfolgte eine große Innenrenovierung, bei der die Kirche unter anderem einen neuen Volksaltar und einen Ambo erhielt.


Panorama
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Literatur

Catalogus personarum ecclesiasticarum et locorum dioecesis Constantiensis, Konstanz 1755.

Catalogus personarum ecclesiasticarum et locorum dioecesis Constantiensis, Konstanz 1769.

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Bühler, Beat, Gegenreformation und katholische Reform in den stift-st.gallischen Pfarreien der Diözese Konstanz unter den Äbten Otmar Kunz (1564-1477) und Joachim Opser (1577-1594), St.Gallen 1988 (St.Galler Kultur und Geschichte 18).

Eisele, Karl-Friedrich, Wangen und St.Gallen. Ausstellung anläßlich der Einweihung einer Statue des hl. Gallus auf der St.Gallusbrücke in Wangen/Allgäu im Rahmen der 2. Wangener Heimattage 1982, Führer durch die Ausstellung, Wangen im Allgäu 1982.

Erhart, Peter; Kuratli Hüeblin, Jakob; Oberholzer, Paul, 1400xGallus, St.Gallen 2012.

Jensch, Rainer, Stadtchronik Wangen im Allgäu, Lindenberg i. A. 2015.

Lenz, Philipp, Reichsabtei und Klosterreform. Das Kloster St.Gallen unter dem Pfleger und Abt Ulrich Rösch 1457-1491, St.Gallen 2014 (Monasterium Sancti Galli 6).

Oberholzer, Paul, Vom Eigenkirchenwesen zum Patronatsrecht. Leutkirchen des Klosters St.Gallen im Früh- und Hochmittelalter, St.Gallen 2002 (St.Galler Kultur und Geschichte 33).

Oberschwaben-Tourismus GmbH (Hg.), Oberschwäbische Barockstraße. Perlen des Barock 2013-2014, Bad Schussenried o. J.

Sambeth, J. G., Das Landkapitel Ailingen-Theuringen der ehemaligen Konstanzer und das Landkapitel Tettnang der jetzigen Rottenburger Diözese, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 15 (1886), S. 43–102.

Scheiwiler, Alois, Abt Ulrich Rösch. Der zweite Gründer des Klosters St.Gallen, 1463-1491, in: Neujahrsblatt des historischen Vereins des Kantons St.Gallen 43 (1903), S. 1–38.

Scheurle, Albert, Wangen im Allgäu. Das Werden und Wachsen der Stadt, Wangen im Allgäu 1966.

Schneider, Alois, Wangen im Allgäu, Stuttgart 2001 (Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg 17).

Spahr, Gebhard, Oberschwäbische Barockstraße II. Wangen bis Ulm-Wiblingen, Weingarten 1978.

Vogler, Werner, Die Abtei St.Gallen und Süddeutschland, in: Die Ostschweiz (Samstag, 3. Mai 1980).

Vogler, Werner, St.Gallen und Wangen, vom ersten zum zweiten Gründer des Gallusklosters, in: Die Ostschweiz am Wochenende (16. Oktober 1982).

Vogler, Werner (Hg.), Ulrich Rösch, St.Galler Fürstabt und Landesherr. Beiträge zu seinem Wirken und zu seiner Zeit, St.Gallen 1987.

Wiltsche, Stephan, Die Spitalkirche zum Heiligen Geist. Wangen im Allgäu, Wangen im Allgäu 2012.

Württembergisches Landesamt für Denkmalpflege, Die Kunstdenkmäler in Württemberg. Die Kunstdenkmäler des ehemaligen Kreises Wangen, Bearbeitet von Adolf Schahl, Werner von Matthey, Peter Strieder und Georg Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Stuttgart 1954.

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Stand: Dezember 2017

Gottesdienste
Die Gottesdienste in der Stadtpfarrkirche Sankt Martin, Gallus und Magnus werden auf der Website katholischen Kirche Wangen im Allgäu angekündigt.