Metz

Die herrliche Kathedrale Saint-Étienne von Metz wurde zwischen 1220–1520 errichtet. Dicht an ihrer südlichsten Spitze (im Bild links beim Uhrenturm) stand einst eine Sankt Gallus-Kapelle. (2015)
Weil die Sankt Gallus-Kapelle den Durchgang zwischen dem bischöflichen Palast und der Kathedrale von Metz versperrte, wurde sie ihm Jahr 1607 abgerissen. (2015)
Blick vom einstigen Standort der Sankt Gallus-Kapelle in Richtung Marché Couvert. Eigentlich hätte hier anstelle des alten ein neuer Bischofspalast entstehen sollen. Doch die Französische Revolution verhinderte die Fertigstellung. Seit 1831 wird das Gebäude als Markthalle genutzt. (2015)
Dieser Situationsplan der Metzer Kathedrale zeigt auch den Standort der einstigen Sankt Gallus-Kapelle, die 1607 einer Straße weichen musste. (Nach: Auguste Prost, La Cathédrale de Metz, Metz 1885.)
Mit dem Abriss der alten Bischofsresidenz und dem Wiederaufbau als Markthalle erhielt die südwestliche Seite der Metzer Kathedrale eine ganz neue städtebauliche Prägung. (2015)
Das Westportal der Kathedrale Saint-Étienne wurde erst 1764 errichtet und 1903 durch das heutige neugotische »Große Portal« ersetzt. Weil der alte Bischofspalast mit seiner Sankt Gallus-Kapelle unmittelbar an die (süd-) westliche Front der Kathedrale anschloss, hatte die Errichtung eines Hauptportals hier ursprünglich keinen Sinn gemacht. (2015)
Mit 41 Metern Gewölbehöhe hat die Kathedrale von Metz den dritthöchsten gotischen Kirchenraum. Sie gilt als eines der schönsten Denkmäler Frankreichs. (2015)
Die von Gallus geheilte Fridiburga trat ins Kloster Sankt Peter von Metz ein und wurde dort Äbtissin. Reste des Kreuzgangs des im 16. Jahrhundert zerstörten Benediktinerinnen-Klosters sind noch erhalten. (2016)
Die Kirche St-Pierre-aux-Nonnains, stand schon zu Fridiburgas Zeiten am heutigen Platz. Sie gilt als das älteste noch existierende Kirchengebäude von Frankreich. (2016)
Allerdings wird St-Pierre-aux-Nonnains heute nicht mehr als Kirche, sondern als Mehrzweckraum für Konzerte, Ausstellungen und Märkte verwendet. (2016)
Metz war für Sankt Gallus ein entscheidender Etappenort auf seiner Reise durch den europäischen Kontinent. Blick vom Moyen Pont auf den Moselarm zwischen Temple Neuf und Kathedralbezirk. (2016)
Und weil Metz so schön ist, hier gleich noch ein Bild. Links die Kathedrale Saint-Étienne. Rechts hinter dem Torii versteckt sich St-Pierre-aux-Nonnains in den Bäumen. (2016)

Metz, die Hauptstadt des fränkischen Reichsteils Austrasien, war buchstäblich ein ›wegweisender‹ Etappenort für die Reisegruppe um den irischen Mönchsvater Columban – und besonders für seinen Schüler Gallus. Nach ihrer Vertreibung aus Luxeuil und der gescheiterten Ausschaffung nach Irland reiste die Gruppe über Paris und Soissons nach Metz zu König Theudebert II. Von hier aus wollte Columban mit seinen Jüngern über die Alpen zum Langobardenkönig Agilulf ziehen. Doch Theudebert rang ihm die Zusage ab, zuerst noch eine Zeit lang in seinem Reich zu bleiben, um das Christentum zu verkünden. Mit den Missionsversuchen in Tuggen und Bregenz löste Columban sein Versprechen ein. Den Aufenthalt der irischen Mönche in Bregenz und damit auch das zurückbleiben des heiligen Gallus am Bodensee verdanken wir also letztlich dem Austrasierkönig Theudebert II. von Metz.

Sankt Gallus hat sich in Metz wohl schon zu Lebzeiten ein bleibendes Andenken gesichert. Nicht als Begleiter Columbans, sondern durch die Heilung der alemannischen Herzogstochter Fridiburga. Diese war mit dem damaligen Austrasierkönig Sigibert (III.) verlobt, der wie seine Vorgänger in Metz residierte. Fridiburga hatte nach ihrer Heilung jedoch den Entschluss gefasst, ein eheloses, gottgeweihtes Leben zu führen. Sie eröffnete Sigibert ihren Wunsch in der Metzer Sankt Stephans-Kirche, als schon alles für die Hochzeit vorbereitet war. Der Bräutigam willigte ein. Fridiburga trat ins Kloster ein und wurde Äbtissin der Benediktinerinnen von Sankt Peter in Metz.

Zwischen dem Kloster St.Gallen und dem alten, vielleicht bereits im 3. Jahrhundert gegründeten Bistum Metz gab es schon früh Beziehungen. Sie knüpften vielleicht tatsächlich noch an die Erinnerung an Fridiburga an. Bischof Adventius (858–875) war es wohl, der in der Nähe der Sankt Stephans-Kirche eine neue Kapelle erbauen ließ und sie dem heiligen Gallus weihte. Die capella sancti Galli in palatio episcopali Metensis gehörte zur bischöflichen Residenz und war die Hauskapelle der Metzer Bischöfe. Adventius selber und mindestens noch zwei weitere Bischöfe ließen sich hier bestatten: Robert I. (883–917) und Frédéric de Pluviose (1171–1173).

Bischof Robert I. stammte aus Alemannien. Er trat zunächst ins Kloster St.Gallen ein, wo er zum Freundeskreis Notkers des Stammlers gehörte. Von hier wurde er zum Bischof von Metz berufen, blieb aber offenbar weiterhin mit seinem Kloster in Kontakt. Der Aufenthalt des großen St.Galler Mönchskünstlers Tutilo in der Stadt Metz, über den Ekkehard IV. im 45. Kapitel seiner casus sancti Galli berichtet, könnte auf Einladung von Bischof Robert erfolgt sein. In der Metzer Bischofschronik wird Robert vor allem für seine Sorge um die Klöster und die Erneuerung der Metzer Stadtmauer gepriesen, die wohl vor dem Hintergrund der Bedrohung durch die Wikinger erfolgte. Der Vorgänger von Robert, Bischof Wala, war 882 im Kampf gegen die Wikinger bei Remich gefallen.

Im 10./11. Jahrhundert wurde die Metzer Sankt Stephans-Kirche als romanische Basilika neu errichtet. Um 1220 begannen die Bauarbeiten an der gotischen Kathedrale, die dreihundert Jahre andauerten. Das neue Gotteshaus nahm gewaltige Ausmaße an. Die gotische Kathedrale griff viel weiter nach (Süd-) Westen aus als ihr romanischer Vorgängerbau und reichte bis dicht an den bischöflichen Palast mit der Sankt Gallus-Kapelle heran. Ein ungehinderter Durchgang zwischen Bischofsresidenz und Kathedrale war nicht mehr möglich. Im Jahr 1607 entschloss man sich, diesen Durchgang wieder frei zu machen. Dazu musste die Sankt Gallus-Kapelle abgerissen werden.


Literatur

Gesta episcoporum Mettensium. ed. Georg Waitz, in: Georg Heinrich Pertz (Hg.), Monumenta Germaniae Historica inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum, Hannover 1852.

Brachmann, Christoph, Gotische Architektur in Metz unter Bischof Jacques de Lorraine (1239-1260). Der Neubau der Kathedrale und seine Folgen, Berlin 1998.

Dassmann, Ernst (Hg.), Theodor Klauser. Gesammelte Arbeiten zur Liturgiegeschichte, Kirchengeschichte und christlichen Archäologie, Münster 1974 (Jahrbuch für Antike und Christentum Ergänzungsband 3).

Héber-Suffrin, François, Dossier sur la Cathédrale de Metz aux Xe et Xle siècles, in: Carol Heitz, François Héber-Suffrin (Hg.), Eglises de Metz dans le haut Moyen-Age, Paris 1982, S. 15–70.

Heitz, Carol, L’église abbatiale Sainte-Marie-aux-Nonnains de Metz, in: Carol Heitz, François Héber-Suffrin (Hg.), Eglises de Metz dans le haut Moyen-Age, Paris 1982, S. 71–100.

Heitz, Carol, Metz et son groupe épiscopal à l’époque pré-carolingienne et carolingienne, in: Carol Heitz, François Héber-Suffrin (Hg.), Eglises de Metz dans le haut Moyen-Age, Paris 1982, S. 5–14.

Heitz, Carol; Héber-Suffrin, François (Hg.), Eglises de Metz dans le haut Moyen-Age, Paris 1982 (Centre de recherches sur l’Antiquité tardive et le haut Moyen Âge cahier no 4).

Klauser, Theodor, Eine Stationsliste der Metzer Kirche aus dem 8. Jahrhundert, wahrscheinlich ein Werk Chrodegangs, in: Ernst Dassmann (Hg.), Theodor Klauser. Gesammelte Arbeiten zur Liturgiegeschichte, Kirchengeschichte und christlichen Archäologie, Münster 1974, S. 22–45.

Klauser, Theodor; Bour, Roch-Stephan, Un document du IXe siècle. Notes sur l’ancienne liturgie de Metz et sur les églises antérieures à l’an mille, in: Annuaire de la Société d’histoire et d’archéologie lorraine A 42 / T 38 (1929).

Parisse, Michel; Hari, Arnaud, Catalogue historique des évêques de Metz. Le Moyen Âge, Paris 2015.

Prost, Auguste, La Cathédrale de Metz. Etude sur ses édifices actuels et sur ceux qui les ont précédés ou accompagnés depuis le Ve siècle, Metz 1885.

Streich, Gerhard, Burg und Kirche während des deutschen Mittelalters. Untersuchungen zur Sakraltopographie von Pfalzen, Burgen und Herrensitzen, Sigmaringen 1984 (Vorträge und Forschungen 29).

Zielinski, Herbert, Robert, in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 675–676.

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Stand: Dezember 2017