Dielsdorf

Vor der Reformation war Sankt Gallus der Kirchenpatron von Dielsdorf. Im Mittelalter war Dielsdorf für das Kloster St.Gallen ein wichtiger wirtschaftlicher Stützpunkt im Zürcher Unterland. (2013)
Die Dielsdorfer Kirche wurde 1864–1866 neu gebaut. Ihr Vorgängerbau war um 1500 errichtet worden, als in Dielsdorf noch das Kloster St.Gallen die kirchlichen Rechte ausübte. (2013)
Archäologische Untersuchungen konnten in Dielsdorf eine karolingische Kirche nachweisen. Diese war wohl vom Kloster St.Gallen errichtet und dem heiligen Gallus geweiht worden. (2013)
Das Galluspatrozinium der Dielsdorfer Kirche lässt sich in einer Urkunde vom 30. Juni 1490 erstmals eindeutig belegen (Bildausschnitt 5. Zeile). Die Urkunde liegt im Stiftsarchiv St.Gallen (StiASG, Urk. O4 F1).
Die 1960–1962 erbaute katholische Kirche von Dielsdorf ist nicht Sankt Gallus, sondern dem heiligen Paulus geweiht. Der Apostel Paulus soll Zeltmacher von Beruf gewesen sein (Apg 18,3), woran die Architektur der Kirche erinnert. (2013)
Die Dielsdorfer Sankt Paulus-Kirche von innen. Die Pläne dieses heute noch faszinierenden Baus stammen vom Zürcher Architekten Justus Dahinden. (2013)
Dielsdorf trägt den Bären des heiligen Gallus im Ortswappen und bleibt sich damit seiner Geschichte bewusst: »In Silber auf grünem Dreiberg ein aufrechter schwarzer, rotgezungter Bär, einen entästeten goldenen Baumstamm schulternd«. (Quelle: Wikipedia)

Aus der Gründungszeit der Dielsdorfer Kirche sind nur spärliche Informationen überliefert. Eine einzige Urkunde aus dem frühmittelalterlichen Urkundenbestand des Stiftsarchivs St.Gallen berichtet über diesen Ort. Ihr Inhalt lässt vermuten, dass Dielsdorf eine gewisse Bedeutung als klösterliches Wirtschafts- und Verwaltungszentrum im Zürcher Unterland hatte. Denn am 18. Juni 861, dem Ausstellungstag der Urkunde, war nicht nur der St.Galler Abt Grimald persönlich in Dielsdorf anwesend, sondern auch der Klostervogt Ruadpert sowie zahlreiche ranghohe Mönche. Die hochkarätige St.Galler Delegation regelte die klösterlichen Geschäfte in der Region und demonstrierte mit ihrer Präsenz vor Ort den St.Galler Rechts- und Herrschaftsanspruch im Zürcher Unterland.

In der erwähnten Urkunde von 861 bestätigte das Kloster St.Gallen die Rückverleihung von Gütern, die ein gewisser Ratbert ihm zuvor übertragen hatte. Ratbert verpflichtete sich, für die Weiternutzung dieser (in Steinmaur gelegenen) Güter einen jährlichen Zins von zwei Denaren zu entrichten. Die Zahlung erfolgte allerdings nicht nach St.Gallen, sondern ausdrücklich an die Kirche (Basilica) von Dielsdorf. Ratbert leistete damit einen Beitrag an den Unterhalt und die seelsorgerische Versorgung dieser Kirche, die wohl vom Kloster selber errichtet und unter das Patronat des heiligen Gallus gestellt worden war. Das Kloster übernahm – mit Hilfe frommer Zuwendungen wie jener von Ratpert – die Verantwortung für den Aufbau und die Betreuung der Pfarrei Dielsdorf und sicherte sich dadurch wohl auch eine gewisse Gunst und Dankbarkeit in der Bevölkerung.

Das Kloster St.Gallen war bis im Spätmittelalter der wichtigste Grundherr in Dielsdorf und besaß hier einen Kelnhof. Das Patronatsrecht der Pfarrkirche hatte es bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts inne. Erst nach der Reformation, um das Jahr 1550, gelang es dem Rat von Zürich, dieses zu übernehmen. Seit der Reformation hat die Dielsdorfer Kirche keinen Heiligenpatron mehr. Bis heute erinnert aber das Ortswappen, der Bär, an die einstige Präsenz des Klosters St.Gallen.


Literatur

Beck, Marcel, Die Patrozinien der ältesten Landeskirchen im Archidiakonat Zürichgau, Zürich 1935.

Erhart, Peter; Kuratli Hüeblin, Jakob; Oberholzer, Paul, 1400xGallus, St.Gallen 2012.

Fietz, Hermann, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band II. Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen, Basel 1943 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz 15).

Haid, Wendelin, Liber decimationis cleri Constanciensis pro Papa de anno 1275, in: Freiburger Diözesanarchiv 1 (1865), S. 1–303.

Hedinger, Heinrich, Chronik der Gemeinde Dielsdorf, Dielsdorf 1961.

Hundsnurscher, Franz, Die Investiturprotokolle der Diözese Konstanz aus dem 16. Jahrhundert, Stuttgart 2008-2010.

Lenz, Philipp, Reichsabtei und Klosterreform. Das Kloster St.Gallen unter dem Pfleger und Abt Ulrich Rösch 1457-1491, St.Gallen 2014 (Monasterium Sancti Galli 6).

Nüscheler, Arnold, Die Gotteshäuser der Schweiz. Historisch-antiquarische Forschungen, Drittes Heft. Bistum Constanz. Zweite Abtheilung. Archidiaconat Zürichgau, Zürich 1873.

Oberholzer, Paul, Vom Eigenkirchenwesen zum Patronatsrecht. Leutkirchen des Klosters St.Gallen im Früh- und Hochmittelalter, St.Gallen 2002 (St.Galler Kultur und Geschichte 33).

Staerkle, Paul, Von den Sankt Gallus-Patrozinien, in: Bischöfliches Ordinariat und Katholischer Administrationsrat St.Gallen (Hg.), Sankt Gallus Gedenkbuch. Zur Erinnerung an die Dreizehnhundert-Jahr-Feier vom Tode des heiligen Gallus am 16. Oktober 1951, St.Gallen 1952, S. 48–74.

Tobler, Hans-Walter, Mein Dielsdorf. Dorfchronik 1960-2012, Dielsdorf 2012.

Waldburger, August, Register zu Arnold Nüscheler. Die Gotteshäuser der Schweiz. Beilage zum Anzeiger für Schweizerische Geschichte 1900 1900.

Kennen Sie noch weitere Literatur zu dieser Kirche? Helfen Sie mit, indem Sie uns diese mitteilen. Vielen Dank!

Stand: Dezember 2017

Gottesdienste
In der Agenda auf der Website der reformierten Kirche Dielsdorf sind auch die Gottesdiensttermine eingetragen.